Metadata: Archiv für öffentliches Recht. Band 44 (44)

— 123 — 
IN. 
Literatur. 
  
Diegroße Politik derEuropäischenKabinette 1871—1912. 
Sammlung der diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes. Im 
Auftrag des Auswärtigen Amtes herausgegeben von Johannes Lepsius, 
Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Friedrich Thimme. Deutsche 
Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte. Berlin 1922. Bd. I—VI. 
Das Bestreben der Reichsregierung, über die Vorgänge, die zum Aus- 
bruch des Weltkrieges geführt haben, rückhaltlos Klarheit zu verschaffen, 
hat zu immer umfangreicheren Arbeiten und Veröffentlichungen geführt. 
Begreiflich genug, da Ereignisse wie der Weltkrieg nicht durch Einzel- 
ereignisse wie den Mord von Serajewo ausgelöst werden, sondern ihre 
Bedingungen in der Gesamtentwicklung der politischen Verhältnisse ganzer 
Epochen finden. So interessant, wertvoll und für manche Frage bewei- 
send auch die sogenannten KAuTsky-Akten sind: die letzten Gründe für 
den Weltkrieg legen sie nicht klar, können sie nicht klarlegen, und das, 
was wir ihm verdanken, ist nur die Einsicht in die Handlungen unserer 
auswärtigen Politik in den letzten Wochen vor der Katastrophe und die 
Erkenntnis, daß von einer bewußten Schuld Deutschlands am Ausbruch 
des Weltkrieges nicht die Rede sein kann, 
So ist es mit Freude zu begrüßen, daß die Herausgeber der neuesten, 
sehr umfangreichen Veröffentlichungen von Akten des Auswärtigen Amtes 
sich von vornherein eine viel weitere Aufgabe gestellt hatten. Hatten die 
KAUTSKY-Akten unzweideutig erwiesen, daß, wie bereits hervorgehoben, der 
Weltkrieg nicht vorsätzlich durch die Reichsregierung herbeigeführt ist, 
daß mithin insoweit der Friedensvertrag von einer unwahren Behauptung 
und Voraussetzung ausgeht, so konnte noch immer die sogenannte Kriegsschuld 
Deutschlands darin gefunden werden, daß die deutsche Politik der letzten 
Jahrzehnte, namentlich seit 1888 zwangsläufig den Ausbruch des Krieges 
bedingt hätte. An die Lösung dieser Frage haben sich die Herausgeber 
der Akten unserer auswärtigen Politik herangewagt. Und man muß zugeben,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.