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Das k. Rentamt Heidenheim, welches gemäß Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes über die
Erbschaftssteuer vom 18. August 1879 von dem Todesfalle durch die Ortspolizeibehörde
Westheim benachrichtigt worden war, pflog zunächst wegen Feststellung der besagten Steuererheb-
ungen, bei welchen die beiden erwähnten Brüder des Verlebten am 10. Mai 1882 erklärten,
daß der Letztere kein Testament errichtet habe, seine Wittwe — nach dem in Westheim
primär geltenden Ansbacher-Provinzialrechte — dessen gesetzliche Alleinerbin geworden sei
und deßhalb die von ihr an die Brüder ihres Ehemannes entrichtete Summe bloß als
ein Geschenk aufgefaßt werden könne, welches mit der Erbschaftssteuer nicht belastet er-
scheine und in Ansehung dessen daher die Empfänger auch eine Anmeldung bei dem zu-
ständigen Amte — nach Anleitung des Art. 29 des angeführten Gesetzes — nicht zu
bethätigen gehabt hätten.
Das bezeichnete Rentamt erließ jedoch unter'm 7. Juni 1882 einen Strafbescheid,
in welchem es annahm, daß die Wittwe Held die gedachte Summe an ihre Schwäger
entrichtete, um deren Ansprüche an den Nachlaß ihres Ehemannes zu beseitigen, dieselben
auch die ihnen behändigte Summe als Erbtheil annahmen, gleichwohl aber die Anmeldung
des Erbschaftsanfalles in der Absicht, sich der Steuer zu entziehen, unterließen, weßhalb
über sie nach Maßgabe der Art. 29 und 40 lit. a und c des Gesetzes über die Erbschafts-
steuer vom 18. August 1879 eine Geldstrafe in der Höhe von je 330 JX als dem
doppelten Betrage der auf 165 —X berechneten Stener zu verhängen sei. Nachdem den
beiden Beschuldigten der rentamtliche Strafbescheid eröffnet worden war, trug der k. Advokat
Bayer in Ansbach als deren Bevollmächtigter durch eine an das k. Rentamt Heidenheim
gerichtete schriftliche Erklärung nach Maßgabe des Art. 459 Abs. 2 der Reichsstrafprozeß-
Ordnung auf gerichtliche Entscheidung an.
Das Schöffengericht Heidenheim, vor welchem am 13. September 1882 Hauptver-
handlung in der Strafsache gegen die mehrgenannten beiden Bauern Held wegen Erbschafts-
steuer-Hinterziehung stattfand, verkündete an dem nämlichen Tage ein Urtheil, durch welches
dieselben hinsichtlich der gegen sie erhobenen Anschuldigung von Schuld und Strafe frei-
gesprochen wurden und welches im Wesentlichen durch die Erwägung begründet worden ist,
daß dasjenige, was die beiden Brüder Held von ihrer Schwägerin Marie Sophie Held
empfingen, nicht als steuerpflichtiger Anfall im Sinne des Erbschaftssteuer-Gesetzes —