Beil. IV. 33
Es führe aber auch eine genauere Erwägung des Art. 40 des Erbschaftssteuergesetzes
zu der Annahme, daß eine dem Gesetze gemäße Rechtsprechung nur möglich sei, wenn die
Gerichte die Frage, ob ein steuerpflichtiger Anfall —
Art. 1 und 29 des Gesetzes —
vorliege, für das Strafverfahren selbstständig beantworten.
Die Frage nach der Steuerpflicht überhaupt sei mit der Frage nach deren Umfange
im einzelnen Falle untrennbar verbunden.
Insbesondere erhelle aus dem Inhalte des Art. 40 lit. b—e, daß bei Anwendung“
dieser Bestimmungen die begehrte Trennung der Zuständigkeit zur Entscheidung der Frage
über die Steuerpflicht von den übrigen Rechts= und Thatfragen undurchführbar sein würde.
Die Entscheidungen des früheren Kompetenzkonflikts= .Senates vom 14. September 1868
und 4. Mai 1869 —
Reg.-Bl. v. J. 1868 S. 2078 und vom Jahre 1869 S. 922 —,
welche auf Grund der Stempelgesetze vom 18. Dezember 1812 und 11. September 1825
die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfange im einzelnen Falle eine Stempel-
pflichtigkeit bestehe, den Finanzbehörden zuwiesen, könnten von der Verwaltung mit Erfolg
nicht für sich verwerthet werden, weil bereits Art. 18 und 23 des die Abänderung der
Tax= und Stempelgesetze betreffenden Gesetzes vom 8. November 1875 an die Stelle der
Bestimmungen in jenen früheren Stempelgesetzen vom Jahre 1812 und 1825 neue An-
ordnungen gesetzt habe, denen gemäß sich das Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen
Stempelnormen nach den für Hinterziehung der Wechselstempelsteuer bestehenden Vorschriften
— §. 18 des am 1. Juli 1871 in Bayern in Kraft getretenen Gesetzes des nord-
deutschen Bundes über die Wechselstempelsteuer vom 10. Juni 1869 (Gesetzbl. 1871 Beil.
Seite 58) —
zu richten hatte.
Ueberhaupt zeige sich in der ganzen neueren Gesetgetung das Bestreben, die Ent-
scheidung über Steuern und Gebühren theils vollständig, theils wenigstens bezüglich des
Strafverfahrens den Verwaltungsbehörden zu entziehen, und es sei insbesondere als gewiß
anzusehen, daß dann, wenn in einem Gesetze hinsichtlich des Verfahrens die allgemeinen
Normen des Reichsgerichts-Verfassungs-Gesetzes und der Reichsstrafprozeß-Ordnung, sowie
die Vorschriften für die Zollstrafen als maßgebend erklärt seien, auch die Rechtsprechung in