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woselbst allerdings gesagt werde, daß man den Verwaltungsbehörden ein selbstständiges
Recht zur Verfolgung von sogenannten Steuerdelikten einräumen müße, weil der Staats-
anwaltschaft nicht zugemuthet werden könne, sich einfach der Ansicht der Verwaltungsbehörde
unterzuordnen, wenn sie sich von der Erhebung der Anklage aus thatsächlichen oder recht-
lichen Gründen keinen Erfolg verspreche, beziehe sich nur auf Fälle, in welchen die Ver-
waltungsbehörde einen Strafbescheid gar nicht erlassen hatte, während in der vorliegenden
Sache die Verwaltungsbehörde, nämlich das k. Rentamt Heidenheim, einen Strafbescheid
gefällt habe.
Auch wenn über die objektive Steuerpflicht auf dem Verwaltungswege entschieden
werde, bleibe rücksichtlich der Aburtheilung von Steuerdelikten für die Thätigkeit der Gerichte
noch ein weites Gebiet übrig, auf welchem zwischen Staatsanwaltschaft und Steuerbehörde
Differenzen über das mögliche Ergebniß einer Strafverfolgung entstehen könnten, wie z. B.
darüber, ob die außer der Steuerpflicht erforderliche strafbare Handlung oder Unterlassung
überhaupt und ob sie von dem Angeschuldigten wissentlich sowie unter Umständen begangen
wurde, welche die strafrechtliche Zurechnung ermöglichen; ob die Strafverfolgung nicht etwa
verjährt erscheint; ob die zur Bestrafung nothwendige Aufforderung und Ausschreibung der
Steuerbehörde in gesetzlicher Weise vollzogen wurde, in welchem Grade die Strafe zuzu-
messen und ob nicht statt der gewöhnlichen Strafe eine Ordnungsstrafe auszusprechen ist.
Vergl. insbesondere Art. 30, 34, 40—43 des Gesetzes über die Erbschaftssteuer.
Die Erörterung und Festsetzung der Steuerpflicht aber sei den Finanzstellen und
schließlich dem Verwaltungsgerichtshofe zu einer von der strafrichterlichen Einschreitung gänz-
lich unabhängigen und unbeeinflußten Erledigung zugetheilt.
Art. 37 und 45 ebendaselbst.
Es sei nicht statthaft, daß der Strafrichter ein Urtheil, welches die zuständige Ver-
waltungsbehörde in einer Angelegenheit erlassen habe, seinerseits nachprüfe, da eine solche
Nachprüfung der staatsrechtlich bestehenden Unabhängikeit, welche Gerichte und Verwaltungs-
behörden je innerhalb ihres Wirkungskreises genießen, geradezu widerspräche.
Anderseits habe es auch die Reichsgesetzgebung an sich nicht für unzuläßig erachtet,
die Gerichte in Civil= und Strafrechtssachen an Vorentscheidungen der Verwaltungsbehörden
und Verwaltungsgerichte zu binden, wie z. B. aus §. 11 des Einf.-Ges. zum Gerichts-
Verfassungsgesetze sich ergebe.