Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1884. (11)

Beil. I. 15 
Das Amtsgericht Gunzenhausen hat den Kompetenz-Konflikt nach gesetzlicher Vorschrift 
instruirt; Denkschriften sind aber von keiner Seite eingereicht worden. 
In der heutigen öffentlichen Sitzung, in welcher diese Sache zum Aufrufe kam, 
erstattete der bestellte Referent Vortrag über den Sachverhalt unter Verlesung der wichtigeren 
Aktenstücke, worauf, da von Seite der richtig geladenen Parteien Niemand erschienen war, 
der k. Oberstaatsanwalt den motivirten Antrag stellte, auszusprechen: 
daß in dieser Streitfache der Civilrechtsweg unzuläßig sei. 
Der Gerichtshof hat entschieden, daß dem Antrage des k. Oberstaatsanwalts statt- 
zugeben sei und zwar aus folgenden Gründen: 
Die Klägerin Karoline Heider, nun Ansorge, beansprucht vom Beklagten Johann 
Zischler die Entfernung des vom letzteren mit ihrer Einwilligung auf ihrer Familien- 
grabstätte im Kirchhofe zu Gunzenhausen gesetzten Grabsteines und stützt sich darauf, daß 
Johann Zischler sich ihr gegenüber verpflichtet habe, diesen Grabstein wieder zu entfernen. 
Dieselbe vermeint, daß ihr eine privatrechtliche Dispositionsbefugniß über die 
bezeichnete Familiengrabstätte zustehe, und daß ihr Klagsanspruch schon um deßwillen gleicher 
rechtlicher Natur sei, weil er sich auf ein behauptetes Vertragsverhältniß gründe. 
Diese Annahme trifft aber in keiner Richtung zu. 
Die Anweisung und Verleihung der einzelnen Grabstätten in den öffentlichen Kirch- 
höfen — und als solcher ist der Gemeinde-Kirchhof in Gunzenhausen unbestreitbar anzu- 
erkennen — erfolgt nämlich in der Regel und in Ermangelung anderwärtiger formeller 
Feststellung, welche im gegebenen Falle nicht vorliegt, durch autoritären Akt der hiezu 
gesetzlich verpflichteten Gemeinden als öffentlicher Korporationen, welchen das Recht aus- 
drücklich eingeräumt ist, statutarische Bestimmungen und sonstige polizeiliche Vorschriften 
über die in den Kirchhöfen einzuhaltende Ordnung und insbesondere über die mit der 
Verleihung einer Grabstätte verbundenen Befugnisse zu erlassen und auch zwangsweise zur 
Geltung zu bringen. 
Art. 38, 84, 86, 92 und 99 der Gemeindeordnung vom 29. April 1869. 
Die Oberaufsicht über diesen Gegenstand der öffentlichen Fürsorge aber ist den höheren 
Verwaltungsbehörden übertragen. 
Art. 157 a. a. O. 
§. 53 der Formations-Verordnung vom 17. Dezember 1825, 
§. 23 der Formations-Verordnung vom 27. März 1817.
	        
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