Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1885. (12)

Wenn dieser Grundsatz in den für · Deutschland und sohin auch für Bayern z. Z. in 
Geltung stehenden, die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren betreffenden Reichs- 
gesetzen nicht eigens Ausdruck gefunden hat, so steht dieß seiner Anerkennung und Anwendung 
nicht entgegen, nachdem der fragliche, die staatliche Jurisdictionsgewalt einschränkende Grund- 
satz völkerrechtlicher Natur ist, gedachte Reichsgesetze aber nur die Bestimmung haben, die 
Ausübung der Jurisdictionsgewalt, so weit solche besteht, innerhalb des Territorial-Ver- 
bandes und des Bereiches der Regierungsrechte der verbündeten deutschen Regierungen gleich- 
artig zu regeln. 
Aus letzterem Grunde läßt sich auch aus dem F. 24 der R.-C.-P.-O., welcher zudem 
überhaupt nicht einmal von dem Umfange der abstrakten Jurisdictionsgewalt, sondern von 
dem concreten örtlichen Gerichtsstande, dem Forum und der Begründung desselben handelt, 
nichts Gegentheiliges folgern. 
In Consequenz des Obigen kann auch weiter zugegeben werden, daß dasjenige, was 
in §. 18 ff. des Reichsgerichts-Verfassungsgesetzes über die Exterritorialitätsrechte gewisser 
Persönlichkeiten zum Ausdruck gebracht ist, sich nicht sowohl als Fixirung und Umgrenzung 
des völkerrechtlichen Grundsatzes selbst, wie vielmehr nur als ein Ausfluß des letzteren dar- 
stellt und lediglich aus gewissen, in dem Folgenden noch anzudeutenden praktischen Gründen 
eigens Anfnahme in jenes Reichsgesetz gefunden hat. 
Es kann hier süglich dahingestellt bleiben, ob der gedachte Grundsatz des Ausschlusses 
der Jurisdictionsgewalt des inländischen Staats über einen souveränen ausländischen Staat, 
in soweit es sich dabei um Rechtsverhältnisse völkerrechtlicher oder selbst nur öffentlich 
rechtlicher Natur handelt, als ein allgemeiner und ausnahmsloser zu gelten habe. 
Dagegen ist hier in die Würdigung der Frage einzutreten, ob eine solche ausnahmslose 
Wirksamkeit des fraglichen Grundsatzes auch für das Gebiet privatrechtlicher Verhält- 
nisse bestehe. 
Zu einer derartigen kritischen Unterscheidung hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen und 
privat-rechtlichen Wirkungsbereichs des mehrgedachten Axioms ist um so mehr Veranlassung 
gegeben, nachdem es ein schon aus dem römischen Recht stammender, seitdem consequent 
fortgebildeter und nicht minder in den modernen Gesetzgebungen, speziell auch! im österreichischen 
Civil= und Staatsrechte 
(Oesterr. bürgerl. Gesetzbuch §. 290, 867. 
Ulbrich, österr. Staatsrecht, Seite 654, 655.)
	        
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