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Nach Aufruf der Sache in heutiger öffentlicher Sitzung, in welcher keine der beiden
Parteien vertreten war, trug der ernannte Berichterstatter über die bisherigen Verhandlungen vor.
Der k. Oberstaatsanwalt stellte den Antrag, daß in vorliegender Sache der Rechtsweg
unzulässig sei.
Diesem Antrage war auch stattzugeben und zwar aus folgenden Erwägungen:
Durch die Gesetze vom 16./24. August 1790 Tit. II Art. 14 und vom 16. Fructidor III
war es in Frankreich den Gerichten untersagt, über die Handlungen der Verwaltung zu
erkennen und störend in die Anordnungen der Verwaltungsbehörden irgendwie einzugreifen.
Dieser Grundsatz der Trennung beider Gewalten, an sich sormaler Natur, gewinnt
durch die beiderseitige Kompetenzregulirung sachliche Bedeutung.
Besonders scharf kommt diese Gewaltentrennung mit ihren die Zuständigkeit betreffenden
Folgen bei dem „domaine public“ und insbesondere dem Straßenwesen (voirie) des frau-
zösischen Rechtes zum Aueèdruck.
Das Gesetz vom 22. Dezember 1789 — 8. Jannar 1790 übertrug im 3. Abschnitt
Nr. 5 und 6 aus Rücksichten für das öffentliche Wohl die Sorge für die Erhaltung des
domaine public und der Wege den Behörden der Departementalverwaltung.
Aus dieser der Administrativgewalt gemachten Auflage leitete die allgemeine Rechis-
anschauung in Frankreich die Befugniß der Verwaltung ab, die Grenzen der Bestandtheile
des domainc public durch einseitigen Verwaltungsakt — decret de delimitation —
sestzustellen.
Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts, Straßburg 1886. S. 250,
auch S. 232.
Dieser Folgerung lag die Ueberzeugung zu Grunde, daß die Verwaltung ohne diese
Befugniß außer Stande wäre, jenem allgemeinen und für das öffentliche Interesse bedentungs-
vollen Auftrage des Gesetzes nachzukommen.
Die französische Jurisprudenz hat denn auch stets an der Anschauung festgehalten, daß,
wenn die Grenzen des domaine public streitig werden, die Verfügungen der Verwaltungs-
behörden als ausschließlich maßgebend zu erachten sind.
Dareste, la justicc administrative en France. Paris 1862. S. 257, 259.
l alloz, répertoire méthod. et alphab. de lEgislation, de doctrind et de
urisprudence. Paris 1863. Bd. 44. Abth. I S. 230.
Serrigny, trau de lorganisation de la compétence ctc. en matière admi-
nistrative. Paris 1865. Bd. II. Nr. 913, S. 419; Nr. 914; Nr. 915, S. 420.
Serrigny, ducstions et traités de droit administrativ. Paris 1854. S. 541 f.,
516 Nr. 14.
Wand, die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Wege in der Pfalz. II. Aufl. S. 29 ff.