Siebenter Abschnitt.
Das Vormundschaftsrecht.“
I. Die Vormundschaft über Minderjährige.
I. Geariff.
364.
Die Vormundschaft über einen Minderjährigen bedeutet eine
ihm im Auftrage der Obrigkeit gewidmete allgemeine Fürsorge.
I. Sie bedeutet eine „Fürsorge“ und weiter nichts. Demnach dient sie
einzig und allein den Interessen des Minderjährigen. Es ist also unzulässig,
daß der ihm bestellte Vormund seine vormundschaftliche Gewalt zu seinem
eignen Vorteil gebraucht: während der Ehemann gegenüber seiner Frau, der
Vater und die Mutter gegenüber ihren Kindern egoistisch verfahren dürfen,
ist dem Vormunde gegenüber seinem Pflegebefohlenen jeder Egoismus verwehrt.
II. Sie bedeutet eine „allgemeine“ Fürsorge. Demnach dient sie allen
Angelegenheiten des Minderjährigen, es sei denn, daß sie von der Sorge des
Vormundes besonders ausgenommen sind.
III. Sie bedeutet eine Fürsorge „im Auftrage der Obrigkeit“. Demnach ge-
hört sie im Grunde gar nicht ins Privatrecht, sondern ist öffentlichen Rechts.=
1) Böhm, Vormundschaftsrecht, 2. Aufl. (99); Richter, Vormundschaftsrecht (97); Fuchs,
Vormundschaftsrecht (98); v. Schilgen, Vormundschaftsrecht (99); P. Schmidt, Vorm. über
unehel. Kinder (99); Schultetus, Vormundschaftsrecht (00); Philler, Vormundschaftsrecht (00);
Schultheiß, Vormundschaftsrichter (00); Hesse, Vormundschaftsrichter (00); Spahn, Verwandt-
schaft und Vormundschaft (01); Weißweiler, Geschäftskreis des VGerichts (00).
2) Glässing, Arch. f. öff. Recht 16 S. 1.