Wie aus meinen früheren Berichten schon hervor-
geht, sind die politischen Verhältnisse in dem Gebiet
zwischen Uhehe im Osten, Riekwa im Norden, Tanga-
nyika im Westen und unserer Südgrenze geregelt.
Die Verhandlungen mit den Makwankwara schweben
noch, berechtigen jedoch zur besten Hoffnung, nachdem
Mharuli, der Oberhäuptling dieses mächtigsten
Stammes in Deutsch-Ostafrika, mich leider umsonst
14 Tage in Wiedhafen zum Schauri erwartet hat.
Was die Erfolge anbetrifft in der unmittelbaren
Unterdrückung des Sklavenhandels, so verweise ich
auf die Beseitigung aller Mittel zum Sklaventrans-
port auf dem See, die Befreiung von über hundert
eben geraubten Sklaven aus den Händen der Wa-
wemba und nachdrückliche Bestrafung dieser Räuber
sowie des Nyikahäuptlings Sunda und die dies-
bezügliche Einschüchterung des uns befreundeten
Häuptlings Merere, dessen geradezu unentbehrliche
Hülse zu Maßnahmen gegen die Wahehe ich ge-
sichert habe.
Zu erwähnen ist noch, daß ich, um Naum in
Langenburg zu schaffen für das Lagerhaus des
Dampfers und den Arbeitsschuppen für kleinere Re-
paraturen und um die Feuersgefahr zu verringern,
das Fort vergrößert habe, ohne ihm dabei seine
Festigkeit zu nehmen.
An dieser Stelle möchte ich nicht verfehlen, auch
der erfolgreichen Thätigkeit des Dr. Bumiller
während der ganzen Expedition zu gedenken, denn
abgesehen von der ganzen geschäftlich pekuniären Leitung
der Expedition und der Vorbereitung der Uebergabe
an das Reich, lag die Durchführung der politischen
Aufgaben nördlich des Sees fast ausschließlich in
seinen Händen, die er dank seiner afrikanischen Er-
fahrung in durchaus sachgemäßer Weise erledigt hat.
Ebenso bin ich Herrn v. Eltz, der die Fertigslellung
des Dampfbootes in überraschend kurzer Zeit und
zu dem oben besprochenen Resultat geleitet und durch-
geführt hat, für seine thätige Unterstützung meiner
Aufgabe zu großem Dank verpflichtet.
Allen übrigen Milgliedern der Expedition kann
ich dienstlich nur das beste Zeugniß ausslellen. So
glaube ich mit dem in diesem Schlußbericht gemel-
deten Resultat die mir vor zwei Jahren gewordene
Aufgabe erfüllt und weitere Kulturarbeit in diesem
Theile Ostafrikas derartig vorbereitet zu haben, daß
einer gedeihlichen Entwickelung die Wege geebnet sind.
Mit dem Gefühl, den Verhältnissen entsprechend
durch die hingebende Arbeit meiner Offiziere unter-
stützt, meine Schuldigleit gethan zu haben, übergebe
ich in den nächsten Tagen das hier Geschaffene dem
hierher gesandten Kommissar des Kaiserlichen Gou-
verneurs von Deutsch-Ostafrika, gehe dann nach Dar-
es-Saläm, um den Herrn Gouverneur des Näheren
in die hiesigen Verhältnisse einzuführen und erwarte
dort weitere Befehle von meiner vorgesetzten Behörde,
da ich nach dem Rath der Aerzte ohne emstliche
Gefährdung meiner Gesundheit mit meiner seit
15 Jahren eines europäischen Winters entwöhnten
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Konstitution nicht direkt von hier in die kalte Saison
der Heimath zurückkehren kann.
(gcz.) v. Wissmann,
Kaiserlicher Kommissar in Ostafrika,
Major à la suite der Armee.
Blantyre, den 12. November 1893.
An die Ausführungskommission der
deutschen Antisklavereilotterie.
Dem verehrten Komitee melde ich sehr ergebenst,
daß am 18. Oktober d. Is. in der Station Langen-
burg die Uebergabe der Expedition an den Kommissar
des Gouverneurs von Ostafrika, Kompagnieführer
Prince, und den Generalvertreter des Antistlaverei-
komitees, Herrn Wyneken, stattfand. Ich überließ die
weitere Disposition über das Expeditionsmaterial, d. h.
ob dasselbe auf das Reich oder auf das Antisklaverei-
komitee übergehen sollte, den beiden beauftragten Herren
selbst und ging am 19. desselben Mts. mit der ganzen
abgehenden Expedition an Bord des „H. v. Wissmann"
nach Süden, um das Dezemberboot in Chinde noch
zu erreichen und die Soldaten sobald als möglich
abzumustern. Wie Herr Wyneken dem verehrten
Komitec mitgetheilt haben wird, habe ich vorbehaltlich
eines nicht wahrscheinlichen Einspruches von Seiten
der Zeichner der von mir beschafften Mittel auf
Alles aus diesen Erworbenen, soweit es nicht zur
Ausrüstung der Station und des Dampfers noth-
wendig erschien, zu Gunsten des Antisklavereikomitees
verzichtet. Es betrifst dies hauptsächlich die Feld-
bahn, die von mir konstruirten und außerordentlich
bewährten Wagen mit vertiefter Achse, eine große
Anzahl von Waffen u. s. w.
Ich habe mir erlanbt, in der Hoffnung, daß dieser
bei allen Expeditionen gebräuchliche Schritt von dem
verehrten Komitee sanktionirt wird, den Mitgliedern
der Expedition eine Jagdwaffe, die sie während der
Zeit geführt haben, als Andenken an die Expedition
im Namen des Komitees zu schenken.
Am Südende des Sees angekommen, traf uns
zunächst die Nachricht, daß der aus Gesundheits-
rücksichten heimgesandte Lieutenant v. Bronsart beie
einer gelegentlich seiner Thalfahrt am Shirc unter-
nommenen Büffeljagd von einem Büffel durch den
Oberschenkel gestoßen, jedoch nicht lebensgefährlich
verwundet war. Von Fort Johnston setzten wir die
Südfahrt bis Matope in unserm Leichter und Boot
fort; hier legte sich Proviantmeister Fuchs mit einem
perniziösen Fieber nieder und starb nach dreitägiger
Krankheit. Seine große afrikanische Erfahrung, sein
unermildlicher Eifer und seine bis dahin geradezu
abnorm kräftige Konstitution besähigten ihn, der
Expedition Dienste zu leisten, die uns Alle dem
Dahingeschiedenen zu großem Danle verpflichten. Das
verträgliche und stets heitere Wesen des Verstorbenen
machten ihn stets zum guten Kameraden und an-
genehmen Begleiter. Bei allen Gefechten machte