Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1901. (28)

Beilage II zum Gesetz= und Verordnungs-Blatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1901“. 
  
Erkenntniß des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte in dem zwischen den Gerichten und den 
Verwaltungsbehörden bestehenden Streite über die Zulässigkeit des Rechtsweges für den von der 
Armenpflege der Gemeinde Feucht gegen den vormaligen Holztransportunternehmer Johann Dörr 
von Eichstätt erhobenen Anspruch auf Ersatz von 143,80 .∆ Auslagen für Kurkosten betreffeud. 
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern 
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem zwischen den Gerichten und den Ver- 
waltungsbehörden bestehenden Streite über die Zulässigkeit des Rechtsweges für den von der 
Armenpflege der Gemeinde Feucht gegen den vormaligen Holztransportunternehmer Johann 
Dörr von Eichstätt erhobenen Anspruch auf Ersatz von 143,80 JAX Auslagen für Kurkosten, 
daß der Rechtsweg zulässig ist. 
Gründe. 
Der Oekonom und Gastwirth Johann Dörr von Eichstätt, jetzt Branereiverwalter zu 
Neumarkt i. O. Pf., hatte im Jahre 1895 durch Vertrag mit dem Forstärare die Abfuhr 
eines Theiles des im Reichswalde bei Nürnberg in Folge des Kiefernspannerfraßes gefällten 
Holzes übernommen und zur Ausführung dieses Unternehmens eine größere Anzahl von 
Arbeitern eingestellt, darunter auch den verheiratheten Taglöhner Karl Ranzinger von 
Kunreuth, der in Feucht wohnte. Wegen der großen Ausdehnung des Betriebes sah sich 
Johann Dörr veranlaßt, nach Maßgabe des § 60 des Krankenversicherungsgesetzes für die 
in seinem Betriebe beschäftigten Personen eine Betriebskrankenkasse zu errichten; diese trat 
jedoch erst am 1. Juni 1896 ins Leben. Schon vor diesem Zeitpunkte, nämlich Ende 
April oder Anfangs Mai 1896, war Karl Ranzinger, der seit dem 15. Februar des- 
selben Jahres im Betriebe des Dörr mit dem Aufladen des Holzes auf die Rollwägen 
zum Zwecke der Verbringung des Holzes an die Einladstelle der Waldeisenbahn beschäftigt 
war, an heftiger Ischias erkrankt; nach dem ärztlichen Gutachten war es nothwendig, ihn 
in ein Krankenhaus zu bringen. Bei der Mittellosigkeit des Ran zinger und in Ermangelung 
eines fürsorglichen Eingreifens anderer Anstalten oder Personen mußte die Armenpflege der 
Gemeinde Feucht die erste Hilfe leisten; sie ließ den Ranzinger, nachdem sie von dessen 
Erkrankung dem Betriebsunternehmer Dörr Nachricht gegeben und von dessen Firma die 
Antwort erhalten hatte, daß, falls Ranzinger nach ärztlichem Gutachten in ein Kranken- 
  
* Ausgegeben zu München den 12. August 1901. 
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