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Beilage III zum Gesetz- und Verordnungsblatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1901.
Erkenntniß des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte in dem Streite zwischen den Gerichten und
der K. Regierung von Mittelfranken, Kammer der Finanzen, über die Zulässigkeit des Rechtswegs
in dem Rechtsstreite des Spezereihändlers Thomas Egwolf in Ansbach gegen den K. Fiskus
wegen Entschädigung betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem Streite zwischen den Gerichten und
der K. Regierung von Mittelfranken, Kammer der Finanzen, über die Zulässigkeit des
Rechtswegs in dem Rechtsstreite des Spezereihändlers Thomas Egwolf in Ansbach gegen
den K. Fiskus wegen Entschädigung:
Die Erhebung des Kompetenzkonflikts ist unzulässig.
Gründe.
Der Spezereihändler Thomas Egwolf in Ansbach, der früher bei der Gestütsinspektion
Ansbach als Gestütswärter angestellt war, erhob im März 1899 bei dem Landgericht Ansbach
Klage gegen den K. Fiskus auf Zahlung einer lebenslänglichen Entschädigung von monatlich
fünfzehn Mark und auf Ersatz von siebzig Mark Kurkosten. Er behauptete, am 9. März 1887
in Gunzenhausen von einem bösartigen Beschälhengste geschlagen worden zu sein und in
Folge des Schlages eine ihn lebenslänglich in seinem Erwerbe beschränkende Verletzung des
linken Oberschenkels erlitten zu haben. Der K. Fiskus, vertreten durch die K. Regierung
von Mittelfranken, Kammer der Finanzen, gab zu, daß der Kläger im März 1887 von
einem Hengste geschlagen wurde, bestritt aber, daß die spätere Erkrankung des Klägers eine
Folge des Schlages war und daß der Hengst bösartig gewesen ist, und machte überdieß
geltend, daß der Kläger durch den mit der Landgestütsverwaltung geschlossenen Dienstvertrag
auf Entschädigung für dauernde Nachtheile, die ihm in Folge von Unfällen im Dienste oder
außer dem Dienste zugehen sollten, verzichtet habe. Das Landgericht Ansbach wies am
15. Juni 1899 die Klage ab, weil es den Anspruch des Klägers als durch Verzicht aus-
geschlossen erachtete. Die von dem Kläger hiegegen eingelegte Berufung wurde durch das
Urtheil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Dezember 1899 zurückgewiesen. Das
Berufungsgericht nahm an, daß der Kläger in dem Dienstvertrage zwar nicht bloß auf
jeden Anspruch aus einer ohne die Schuld eines Menschen eingetretenen Beschädigung durch
Thiere, sondern auch auf die Geltendmachung einer Entschädigung für den Fall eines Ver-
schuldens des K. Fiskus als Eigenthümers der Thiere verzichtet hat, daß aber, da nach dem
*) Ausgegeben zu München den 12. August 1901.
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