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können, zu würdigen. Dabei ist das Vorbringen des Klägers in seiner Gesamtheit zu würdigen.
Ohne Belang ist aber, ob der Kläger sein tatsächliches Vorbringen auch unter die richtigen
rechtlichen Gesichtspunkte brachte. Entscheidend kann nicht sein, daß die Partei ihrem An—
spruch einen dem bürgerlichen Rechte entlehnten Titel beilegt; maßgebend für die rechtliche
Beurteilung der behaupteten Tatsachen ist nur die innere Natur, das rechtliche Wesen des
geltend gemachten Anspruchs, wie es sich nach dem tatsächlichen Vorbringen darstellt. Diese
Grundsätze sind von der Rechtslehre und in der Rechtsprechung anerkannt. Von diesem Ge—
sichtspunkt aus ergibt sich, daß die zur Begründung des Anspruchs dienenden Titel der uner-
laubten Handlung, der Geschäftsführung infolge eines Dienstvertrags oder der Ausführung
eines Auftrags, endlich auch der der ungerechtfertigten Bereicherung ebenso gut im Gebiete
des öffentlichen wie in dem des bürgerlichen Rechtes bestehen können. Es kommt nur darauf
an, ob das Rechtsverhältnis, aus dem der Anspruch abgeleitet wird, dem Bereiche des öffent-
lichen oder dem des bürgerlichen Rechtes angehört (Wach, Handbuch des deutschen Zivil-
prozeßrechts Bd. 1 S. 108 Anm. 80; Urteile des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte vom
14. Mai 1881, 17. Dezember 1881, 12. Juli 1883, 10. Juni 1886, 28. Mai 1902,
10. Februar, 20. Oktober 1903, 10. Juni 1904, 13. Dezember 1904, Ges= u. Ver-
ordn.-Bl. 1881 Beil. 1 S. 7, 1882 Beil. IV S. 46, 1883 Beil. IV, 1886 Beil. 1 S. 4,
1902 Beil. III S. 18, 1903 Beil. III S. 27, Beil. IV. S. 34, 1904 Beil. 1 S 3,
1905 Beil. I S. 3).
Das Rechtsverhältnis, aus dem die Gemeinde ihren Anspruch auf Ersatzleistung gegen
den Beklagten ableitel, ist öffentlichrechtlicher Natur Mag man das Rechtsverhältnis, das
zwischen der Gemeinde und dem zum Gemeindekassier bestellten Mitgliede des Gemeindeaus-
schusses besteht, als auf einem Dienstvertrag oder als auf einem Auftrage beruhend ansehen,
so fällt doch weder ein solcher Vertrag noch ein solcher Auftrag in das Bereich des bürgerlichen Rechtes.
Es ist weder die Gemeinde Dienstberechtigter oder Auftraggeber noch der Gemeindebeamte Dienst-
verpflichteter oder Beauftragter im Sinne der 8§ 611 ff., 662 ff. des Bürgerlichen Gesetz-
buchs. Die Rechte und Verbindlichkeiten der Gemeinden ihren Beamten gegenüber und dieser
der Gemeinde gegenüber werden durch Normen des öffentlichen Rechtes bestimmt Dies gilt
insbesondere auch hinsichtlich der Verwaltung des Vermögens von Landgemeinden durch Ge-
meindebeamte (Gemeindeordnung für die Landesteile diesseits des Rheins vom 29. April 1869
Art. 132, 133, 134). Die Gemeinde Untermeitingen gründet ihren den Gegenstand der
Klage bildenden Anspruch auf die Behauptung, daß der Bellagte in der Eigenschaft des
Gemeindekassiers durch „ungenaue Buchführung, Vermengung der Gelder der von ihm ver-
walteten Kassen und dergleichen“ einen Fehlbetrag von 953,25 A verursacht habe Damit
ist nur geltend gemacht, daß die „Unerlaubten Handlungen“ des Beklagten in Nichterfüllung
seiner gesetzlichen Dienstesobliegenheiten und in liberschreitung seiner gesetzlichen Dienstes-