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befugnisse der Gemeinde gegenüber bestanden. Nach den in dieser Hinsicht geltenden Vor-
schriften des öffentlichen Rechtes war er verpflichtet, über seine amtlichen Einnahmen und
Ausgaben ordentlich Buch zu führen; es war ihm nicht gestattet, die öffentlichen Gelder mit
seinem eigenen Gelde zu vermischen (Gemeindeordnung Art. 145 Abs. 8 und die auf grund
dieser Vorschrift erlassene Entschließung der Staatsministerien des Innern für Kirchen= und
Schulangelegenheiten und des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 12 Oktober 1869,
die formelle Behandlung des Kassawesens in den Gemeinden mit Landgemeindeverfassung
betreffend, Weber, Ges. u. Verordn. Samml. Bd. 8 S. 382, insbesondere Ziff. 5, 7 bis
12). Zwar ist in der Klageschrift auch behauptet, der Beklagte habe „sohin“ das Eigentum
der Klägerin verletzt und sei auf deren Kosten ohne rechtlichen Grund dadurch bereichert, daß
er den rechnerisch bestehenden Fehlbetrag durch die Vermengung der Gelder der Gemeinde mit
seinem Gelde in sein Vermögen brachte. Diese Behauptungen bilden aber nicht die Auf-
stellung weiterer selbständiger Klagegründe, sondern sind nur rechtliche Folgerungen aus der
behaupteten Tatsache, daß der Beklagte in unerlaubter Weise gehandelt, d. h. seine gesetz-
lichen Obliegenheiten nicht erfüllt, seine dienstlichen Befugnisse überschritten hat. Diese Tat-
sache bildet den einzigen Klagegrund. Auch in dem Zmwischenurteile des Landgerichts ist
anerkannt, das# die Fragen, ob der Beklagte seine Bücher unordentlich geführt, ob er ordnungs-
widrig die Gemeindegelder mit seinem eigenen Gelde vermischt hat, ausschließlich öffentlich-
rechtlicher Natur und daß für ihre Entscheidung nur die Verwaltungsbehörden zuständig sind.
Daß das Gericht trotzdem die Klage nicht abwies, erklärt sich aus der nicht zutreffenden Ver-
wertung des Urteils des Obersten Landesgerichts vom 7. Mai 1888 (Samml. v. Entsch. des
Oberst. Landesgerichts in Gegenst. des Zivilrechts und Zivilprozesses u. s. w. Bd. 12 S. 100)
und aus der Nichtberücksichtigung des Art. 158 der Gemeindeordnung.
Nach dem dem Urteile vom 7. Mai 1888 zugrundliegenden Sachverhalte handelte es
sich damals um die Klage einer Gemeinde gegen den Erben ihres verstorbenen Kassenbeamten
auf Ersatzleistung wegen der von dem Erblasser bei der Ausübung des Amtes begangenen
Pflichtwidrigkeiten. Da sich die Beantwortung der Frage, ob jemand als Erbe für die Ver-
bindlichkeiten des Erblassers haftet und in welchem Umfange dies der Fall ist, nach den
Vorschriften des bürgerlichen Rechtes bestimmt, war der Rechtsweg zulässig. Da jedoch im
Laufe des Rechtsstreits streitig wurde, ob der Erblasser den Schaden durch ein dienstliches
Verschulden verursacht habe, war das Prozeßgericht befugt, die Verhandlung bis zur Ent-
scheidung der Verwaltungsbehörde über diese Vorfrage auszusetzen Die Voraussetzung für
die Anwendung des § 148 der Zivilprozeßordnung, daß der Rechtsweg für den Klaganspruch
zulässig ist, liegt aber in dem jetzt zu entscheidenden Falle nicht vor.
Der Art. 158 der Gemeindeordnung bestimmt: „Die Haftungsverbindlichkeit der Ge-
meindebeamten und Gemeindebediensteten wegen Nichterfüllung oder überschreitung ihrer gesetz-