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geschlossen“, rechtfertigt eine andere Auslegung nicht. Insbesondere ist die Ansicht irrig, daß
die Entscheidung der Verwaltungsbehörde durch die die Haftungsverbindlichkeit des Gemeinde-
beamten festgestellt wurde, nur eine „vorläufige“, „provisorische“, „das Gericht nicht bindend“,
„nicht präjudizielle“ sei (Bl. für administr. Praxis Bd. 21 S. 346, 350, 351; Bd. 33
S. 154 bis 158). Als eine „vorläufige“ Entscheidung kann sie nur insofern und nur
insoweit bezeichnet werden, als durch den Schlußsatz des Art. 158 die nachträgliche Betretung
des Rechtswegs zur Erwirkung der Befreiung von der Haftungsverbindlichkeit aus besonderen
privatrechtlichen Gründen gestattet ist. Hätte der Gesetzgeber der auf grund des Art. 158
erlassenen Entscheidung der Verwaltungsbehörde nur die rechtliche Natur eines sogenannten
„Provisinalbescheids“ beilegen und die eigentliche Sachentscheidung dem Gerichte vorbehalten
wollen, so hätte der Art. 158 eine ganz andere Fassung erhalten müssen und sicherlich auch
erhalten. Es ist deshalb auch die Ansicht unhaltbar, daß die Gemeinde auch befugt sei,
Klage beim Gerichte zum Zwecke der Feststellung der Haftungsverbindlichkeit und der Ver-
urteilung des Beamten zur Ersatzleistung sofort oder wenigstens dann zu erheben, wenn die
Entscheidung der Verwaltungsbehörde über die Pflichtverletzung und die daraus entspringende
Haftungsverbindlichkeit des Beamten ergangen ist. Ist diese Verbindlichkeit durch eine nicht
mehr anfechtbare Entscheidung der Verwaltungsbehörde festgestellt, so ist für eine Klage der
Gemeinde, die nur den nämlichen Anspruch zum Gegenstande haben und nur den nänmlichen
Zweck, die Verurteilung des Beklagten zur Ersatzleistung, verfolgen könnte, überhaupt kein
Naum mehr. Es kann sich dann nur noch um die Vollstreckung der Entscheidung der Ver-
waltungsbehörde handeln, der gegenüber selbst die nachträgliche Betretung des Rechtswegs
durch den Beamten eine aufschiebende Wirkung nicht hat.
Gegen die dieser Entscheidung zugrund gelegte Auslegung des Art. 158 würde endlich
auch nicht die Tatsache zu verwerten sein, daß die Feststellung der Haftungsverbindlichkeit
des Beamten nicht, wie bei der Beratung des Gesetzentwurfes nach den Außerungen einzelner
Ausschußmitglieder erwartet worden sein mag, im verwaltungsrechtlichen Streitverfahren erfolgt,
insbesondere also die Entscheidung letzter Instanz nicht dem Verwaltungsgerichtshofe zuge-
wiesen ist.
Für den von der Gemeinde Untermeitingen gegen den vormaligen Kassier der Gemeinde
geltend gemachten Anspruch ist hiernach der Rechtsweg nicht zulässig.
So geurteilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs für Kompetenz-
konflikte vom 4. Juli 1905, an der teilnahmen der Präsident Staatsrat Ritter von Heller
und die Räte Kunkel, Keller, Mettenleiter, Zink, Arnold, Kellein, der General-
staatsanwalt Ritter von Payr und als Gerichtsschreiber der Sekretär des Obersten Landes-
gerichts Spitzeder.
gez. von Heller.