Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1907. (34)

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Die Statthaftigkeit der Erhebung des Kompetenzkonflikts kann einem Bedenken nicht 
unterliegen, da der Anspruch des Paul Lautenbacher jedenfalls insoweit bei dem Land— 
gerichte Traunstein anhängig ist, als er in der Klageschrift vom 30. März 1905 geltend 
gemacht wurde, und die Zulässigkeit des Rechtswegs durch rechtskräftiges Urteil des Prozeß— 
gerichts nicht feststeht. 
Wie von der Rechtslehre und in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs für 
Kompetenzkonflikte, des Obersten Landesgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs anerkannt 
ist (siehe insbesondere die Entscheidungen des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte vom 
4. Juli 1905 und 12. Juni 1906 und die dort angeführten Schriftsteller und früheren 
Entscheidungen, Gesetz= und Verordnungsblatt 1905 Beilage lI, 1906 Beilage 1), kommt 
es bei der Beantwortung der Frage, ob eine nach § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes vor 
die ordentlichen Gerichte gehörende bürgerliche Rechtsstreitigkeit vorliegt, darauf an, wie der 
geltend gemachte Anspruch in tatsächlicher Hinsicht begründet ist und ob er nach den zu 
seiner Begründung behaupteten Tatsachen auf einem dem bürgerlichen Rechte angehörenden 
Grunde beruht. Maßgebend für die Entscheidung darüber, ob dies der Fall ist, ist die 
innere Natur, das rechtliche Wesen des geltend gemachten Anspruchs; die behaupteten Tat- 
sachen müssen geeignet sein, einen dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes angehörenden An- 
spruch zu begründen. Zu berücksichtigen ist demnach das gesamte tatsächliche Vorbringen 
des Klägers, in dem vorliegenden Falle, weil eine mündliche Verhandlung über die Haupt- 
sache noch nicht stattgefunden hat, der Inhalt der Klageschrift. Nach diesem gründet 
Paul Lautenbacher seinen Anspruch auf das Miteigentum an einem Glrundstück 
und auf dessen Mitbesitz, der Klagantrag bezweckt den Schutz in der Ausübung 
des im Eigentum an dem Grundstück enthaltenen Jagdrechts. Ob jemand Eigen- 
tümer oder Besitzer einer Sache oder Besitzer eines im Eigentum an der Sache 
enthaltenen Rechtes ist und Anspruch auf Schutz im Besitze gegen Handlungen anderer Per- 
sonen hat, die eine Störung des Besitzes bilden, bemißt sich nach den Vorschriften des 
bürgerlichen Rechtes (B. G. 8§§ 854, 858, 862, 1004; Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes 
vom 30. März 1850, die Ausübung der Jagd betreffend). Gegenstand des Streites sind 
nach der Klage die Fragen, ob der Kläger Besitzer des Grundstücks oder des aus dem 
Eigentum an dem Grundstück abgeleiteten Rechtes ist, ob er durch Handlungen der Be- 
klagten im Besitze gestört ist und ob die Handlungen der Beklagten, namentlich die der 
Mitbeklagten Oberhummer und Dr. Jodlbauer, verbotene Eigenmacht sind. Das 
Vorbringen der Beklagten, daß sie in Folge des mit der Gemeinde Kiefersfelden geschlossenen 
Pachtvertrags zu den Handlungen befugt, diese also nicht verbotene Eigenmacht seien (B. 
GB. § 863), kann nur bei der Prüfung des Klaganspruchs berücksichtigt werden; seine 
Beurteilung gehört also zur Entscheidung über den Grund der Sache. Die Vorschrift des
	        
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