10
und die Grenzzeichen zu entfernen habe. Zur Begründung des Antrags ist behauptet, die
östliche Grenze der Wiese Pl.-Nr. 2014 habe von jeher der Rand der von Rafau nach Ering
führenden Straße gebildet. In diesem Umfange hätten die Kläger das Grundstück von ihren
Rechtsvorgängern erworben und seitdem besessen; ungestört hätten sie alljährlich durch Düngen
und Abmähen die tatsächliche Gewalt darüber ausgeübt. In dem Besitze seien sie dadurch
gestört worden, daß der Bezirksgeometer als Beauftragter des Beklagten ohne ihre Zu-
stimmung eine neue Grenze des Grundstücks ermittelte und, ohne daß sie die neue Grenze
als die richtige Grenze anerkannt hatten, sie vermarkte, ferner dadurch, daß der Beklagte
selbst den Besitz des durch die Abmarkung abgetrennten Grundstücksteils für sich in Anspruch
nehme und sich weigere, die Grenzzeichen zu entfernen.
Bei der mündlichen Verhandlung, die am 2. April 1906 stattfand, brachte der Ver
treter des Beklagten zunächst die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs vor; die Ver-
messung und die Abmarkung seien von der zuständigen Behörde in Erfüllung einer öffentlich
rechtlichen Aufgabe vorgenommen worden, es könne sich also nur darum handeln, ob die
Abmarkung gültig sei oder die Grenzzeichen zu entfernen seien, und die Entscheidung hierüber
stehe den Verwaltungsbehörden zu. Im übrigen bestritt er, daß die Kläger Besitzer des
Grundstücksteiles seien. Die Errichtung von Grenzzeichen durch die dafür zuständige Behörde
könne ferner niemals eine Besitzstörung bilden Die Kläger seien übrigens mit der Ermittelung
der Grenze einverstanden gewesen; erst nachträglich habe ihre Zustimmung sie gereut.
Nach einer Beweisaufnahme wies das Amtsgericht am 28. Mai 1906 die Klage
wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs ab. Es stellte fest, daß der Bezirksgeometer mit der
Abmarkung der Grenze begann, ohne sich vorher darüber vergewissert zu haben, ob die Be-
teiligten die von ihm ermittelte Grenze der Grundstücke als die richtige Grenze anerkennen,
und daß er seine Tätigkeit auch dann nicht einstellte, als er aus Außerungen des Klägers
entnehmen mußte, daß dieser mit der Art der Abgrenzung und mit der Abmarkung nicht
einverstanden war, und begründete die Entscheidung folgendermaßen: Die Klage gründe sich
auf die Behauptung, daß die Kläger Besitzer des Grundstücksteiles seien und daß der Be-
klagte durch verbotene Eigenmacht sie im Besitze gestört habe. Beansprucht sei die Fest-
stellung des Besitzes der Kläger und die Entfernung der Grenzzeichen, in Wirklichkeit handle
es sich aber nur darum, ob die von der zuständigen Behörde vorgenommene Abmarkung gültig
ist oder nicht. Hierüber zu entscheiden seien nach Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes vom
30. Juni 1900, die Abmarkung der Grundstücke betreffend, die Verwaltungsbehörden zu
ständig. Jedenfalls könne, da eine Amtshandlung in Mitte liege, nicht davon gesprochen
werden, daß der Beklagte verbotene Eigenmacht geübt habe; durch Entfernung der Grenz
zeichen würde er der Strafvorschrift des Art. 28 Ziffer 2 des angeführten Gesetzes zu
widerhandeln.