Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1907. (34)

Nr. 55. 665 
Kap. XII. 
Verhaltungsmaßregeln für die Gefangenen. 
§6#883. 
I. Die Gefangenen haben außer den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften die Hausordnung 
und die sonst erlassenen Anordnungen zu befolgen und den Befehlen der Vorgesetzten Gehorsam 
zu leisten. Sie haben den Beamten, Bediensteten und der Wachmannschaft mit Achtung 
zu begegnen. 
II. Die Gefangenen sind verpflichtet, die Fragen der Beamten und Bediensteten wahr- 
heitsgemäß zu beantworten. Insbesondere bei der Anbringung von Beschwerden und bei 
Vernehmungen haben sie sich streng an die Wahrheit zu halten. 
III. Will sich ein Gefangener über einen erhaltenen Befehl beschweren, so hat er sich 
in der vorgeschriebenen Weise zum Vorstande zu melden. Die Gehorsamleistung darf er 
aber nicht verweigern. 
IV. Die Gefangenen sind auch sonst berechtigt, sich mit Beschwerden, Anfragen und 
Bitten an den Vorstand zu wenden. Sie haben sich zu diesem Zwecke bei dem Aussichts- 
personale zum Rapport zu melden. In besonders dringenden Fällen können sich die Gefangenen 
auch außer der bestimmten Zeit zum Vorstande melden. Uberdies dürfen die Gefangenen, 
wenn die Aufsichtsbehörde eine Anstaltsbesichtigung vornimmt oder vornehmen läßt, Beschwerden 
anbringen. Das Aussichtspersonal darf die Gefangenen in keinem Falle nach dem Grunde 
der Beschwerdeführung fragen. 
V. Kranke Gefangene haben sich zum Hausarzte zu melden; sie dürfen auch um den 
Besuch des Hausgeistlichen nachsuchen. Erleidet ein Gefangener eine Verletzung oder Be- 
schädigung, so ist er verpflichtet, sich unverzüglich zum Hausarzte zu melden. 
VI. Gefangene in Einzelhaft, die aus irgend einem Grunde schneller Hilfe zu bedürfen 
glauben, haben die Läutvorrichtung zu benützen. 
VII. Die Gefangenen haben die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten; in der Kirche 
und der Schule haben sie das diesen Orten angemessene Verhalten zu beobachten und den 
Vorträgen aufmerksam zu folgen. 
VIII. Während des Gottesdienstes und des Unterrichtes und auf dem Wege zur Kirche, 
zum Unterrichte, zu und von den Erholungsplätzen und zu Vorführungen ist den Gefangenen 
das Sprechen verboten. In Schlafsälen muß während der zum Schlafen bestimmten Zeit 
vollkommene Ruhe herrschen. Während der Arbeitszeit darf nur das gesprochen werden, 
was durch die Arbeit selbst geboten ist. Den der Einzelhaft unterworfenen Gefangenen 
kann während der Bewegung im Freien das Sprechen mit anderen Gefangenen erlaubt 
werden. Auch dann, wenn das Sprechen nicht verboten ist, sind unanständige Gespräche,
	        
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