Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1914. (41)

12 
Diesem Antrage war stattzugeben. 
Ein verneinender Zuständigkeitsstreit liegt vor, denn in Ansehung des von den 22 Klä- 
gern gegen die Kirchenstiftung Bockhorn erhobenen Anspruchs, die Kirchenstiftung habe die 
früher am südöstlichen Teile der Friedhofmauer gelegene Stiege zum Friedhof und zur Kirche 
wiederherzustellen oder eine neue Stiege aus Granit an der nordöstlichen Ecke des Friedhofs, 
dem Beschlusse der Kirchenverwaltung Bockhorn vom 1. Juni 1903 entsprechend zu er- 
richten, haben sowohl die Gerichte wie die Verwaltungsbehörden durch nicht mehr anfechtbare 
Entscheidungen ihre Unzuständigkeit ausgesprochen. Der Antrag auf Entscheidung des Zuständig- 
keitsstreits ist in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise angebracht (Artikel 22 und Artikel 23 
Abs. 1 des Gesetzes vom 18. August 1879, die Entscheidung der Kompetenzkonflikte zwischen 
den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder dem Verwaltungsgerichtshofe betreffend.) 
Maßgebend für die Entscheidung über die Zuständigkeit ist die Natur des behaupteten 
Rechtsverhältnisses, nicht die behauptete Natur des Rechtsverhältnisses. Auch der behauptete 
Rechtstitel ist für sich allein nicht entscheidend, sofern er seiner Art nach sowohl dem bür- 
gerlichen als dem öffentlichen Recht angehören kann. Die tatsächliche Unterlage für die Ent- 
scheidung bildet das Vorbringen des Klägers (v. Seydel, Bayer. Staatsrecht, 3. Aufll. 
Bd. I S. 416 mit Note 11 und 12; Reger-Dyroff, Verwaltungsgerichtsgesetz, Anm. 
1a und b zu Artikel 13; Erkenntnis des Bayer. Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte 
vom 3. Juli 1901 in der Samml. S. 271 ff.; Samml. von Entsch, des K. Bayer. 
Verwaltungsgerichtshofs Bd. 14 S. 109, Bd. 17 S. 285, Bd. 18 S. 282). In dem 
vorliegenden Falle gründet sich die Klage in tatsächlicher Beziehung auf die ihr in Abschrift 
beigefügten Beschlüsse der Kirchenverwaltung und beziehungsweise Kirchengemeindeversammlung 
vom 18. Januar, 25. Januar und 1. Juni 1903. Sie erblickt in dem Ergebnisse dieser 
Verhandlungen und Beschlußfassungen eine zwischen den Kirchengemeindeangehörigen und 
Grabschaftsbesitzern einerseits und der Kirchenverwaltung andrerseits zustande gekommene Eini- 
gung, die den Klägern als Teilnehmern der Vereinbarung das Recht gewähre, entweder die 
Wiederherstellung des früheren Zustandes oder die Ausführung des Beschlusses der Kirchen- 
verwaltung vom 1. Juni 1903 zu verlangen. Der „seit unvordenklicher Zeit“ über den 
sogenannten Scharl-Anger führende Fußweg, an dessen Ende die Stiege in die Kirchhof- 
mauer mündete, wird als ein den Klägern „von jeher als Kirchenweg“ dienender Steig be- 
zeichnet. Die Art und Weise, wie hier der Klaganspruch begründet wird, führt dazu, das 
streitige Rechtsverhältnis als dem öffentlichen Recht angehörend zu erachten. Es handelt sich 
um den Zugang zum kirchlichen Friedhof und zur Kirche, also um die Benützung kirchlicher 
Anstalten und Einrichtungen (Artikel 12 der Kirchengemeindeordnung vom 24. September 
1912). Das Recht auf diese Benützung nehmen die Kläger in Anspruch als Kirchengemeinde- 
angehörige und Grabschaftsbesitzer, sie leiten es sonach aus ihrer Zugehörigkeit zum Kirchen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.