Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1915. (42)

Nr. 32. 363 
II Die Entstehung der Stempelpflicht ist nicht an die Einreichung der Vollmacht bei dem 
Gericht oder bei der Behörde (an den Gebrauch), sondern an die Ausstellung (an die Er- 
richtung) geknüpft. Bedarf eine Vollmacht einer besonderen Form (notarielle Beurkundung 
oder Beglaubigung) wie z. B. die Vollmacht zu einer Auflassung oder zu einem Eintra- 
gungsantrag, so wird sie erst stempelpflichtig, wenn auch dieser Formvor- 
schrift genügt, d. h. wenn die zunächst nur privatschriftlich errichtete Vollmacht notariell 
beglaubigt ist. Durch den Gebrauch in Bayern (also durch die Einreichung bei einem 
bayerischen Gericht oder einer bayerischen Behörde) werden Vollmachten stempelpflichtig, wenn 
sie außerhalb Bayerns ausgestellt sind (Art. 2 Abs. III Satz 2 St.), oder wenn sie 
vor dem 1. Januar 1915 ausgestellt sind, nach diesem Zeitpunkt aber von ihnen Ge- 
brauch gemacht wird (Art. 3 Abs. III des Gesetzes vom 21. August 1914 über Anderungen 
im Gebührenwesen). Die Stempelpflicht einer Vollmacht durch den Gebrauch (Einreichung) 
ist jedoch durch S§ 2 Abs. 2 des Reichs-Gerichtskostengesetzes für alle gerichtlichen 
Angelegenheiten ausgeschlossen, auf die das Reichs-Gerichtskostengesetz 
unmittelbare Anwendung findet. Hiernach ist eine Vollmacht der in der Tarif- 
stelle 43 bezeichneten Art stempelpflichtig, wenn sie nach dem 31. Dezember 1914 ausge- 
stellt oder wenn sie zwar vor dem 1. Jannar 1915 ausgestellt ist, wenn aber erst nach dem 
31. Dezember 1914 bei einem Gericht oder bei einer Behörde von ihr Gebrauch gemacht wird; 
letzterenfalls ist jedoch Voraussetzung für die Stempelpflicht, daß die Vollmacht nicht 
eine Angelegenheit der im § 1 des Reichs-Gerichtskostengesetzes bezeichneten Art betrifft. 
Das gleiche gilt auch von der in der Tarifstelle 43 Abs. V erwähnten Anzeige. 
III Anzeigen der in der Tarifstelle 43 Abs. V erwähnten Art unterliegen der Stempel- 
pflicht nur dann, wenn ihnen nicht eine schriftlich ausgestellte Vollmacht zu Grunde liegt. 
Daß ihnen eine schriftlich ausgestellte Vollmacht zu Grunde liegt, wird nicht vermutet, 
sondern ist nachzuweisen. Der Stempel für die Anzeige ist daher zu erheben, wenn nicht 
die ihr zu Grunde liegende schriftliche Vollmacht dem Gericht oder der Behörde bereits vor- 
liegt oder gleichzeitig vorgelegt wird von Bevollmächligten auf der Anzeige vermerkt ist, 
daß sich eine schriftliche mit Mark .. .... Pfennig verstenerte Vollmacht seines 
Auftraggebers in seinen Händen befinde. Die Steuerbehörden sind auf Grund des Art. 61 
Abs. II StG. berechtigt, die Vollmacht zur Einsicht sich vorlegen zu lassen. 
IV Der Stempelbetrag bemißt sich nach dem Werte des Gegenstandes; nur bei Vollmachten, 
deren Gegenstand nicht schätzbar ist und bei Vollmachten zur Vertretung in einem Straf- 
verfahren beträgt der Stempel 2 Mark. Bei der Berechnung des Wertes des Gegenstandes 
werden die Schulden nicht abgezogen (Art. 27 Abs. II Stö.); der Gegenstand einer Voll- 
macht, dic beispielsweise zum Verkauf eines Hauses im Werte von 50 000 “ ermächtigt, 
ist daher 50 000 , auch wenn auf dem Hause Hypotheken lasten. Bei Generalvollmachten
	        
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