Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1916. (43)

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1. Die Betriebsgebäude und die Betriebsmittel sind bei der Vermögens- 
feststellung mitzuberücksichtigen, während sie bei der Ertragsermittlung nach den Lan- 
dessteuergesetzen außer Betracht zu bleiben haben. 
2. Es ist der Reinertrag zu Grunde zu legen, den ein ordentlicher Unternehmer bei 
gemeinüblicher Bewirtschaftung und unter gewöhnlichen Verhältnissen im Durchschnitt 
einer Reihe von Jahren erzielen kann. Eine Berechnung des Ertragswerts nach 
dem wirklichen Reinertrage findet also nicht statt. Das Verfahren wird sich daher auch 
— vorbehaltlich der Ausscheidung des Anschlags für die eigene Arbeit — den beim Voll- 
zuge des Einkommensteuergesetzes vorgenommenen Schätzungen anschließen können, sofern sich diese 
Schätzungen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer als brauchbare und verlässige Behelfe 
erwiesen haben. Hierbei haben alle objektiven Schätzungselemente, wie Umfang und Er- 
tragsfähigkeit der Grundstücke, ihre Lage zum Hauptanwesen, die allgemeine Verkehrslage, 
die Absatzmöglichkeit u. dgl. Berücksichtigung zu finden. Dagegen haben alle persönlichen 
Momente auszuscheiden, z. B. insbesondere hervorragende Tüchtigkeit oder Untüchtigkeit des 
Wirtschafters, reichliches Vorhandensein oder Mangel an flüssigen Betriebsmitteln; ferner haben un- 
berücksichtigt zu bleiben alle mehr zufälligen oder vorübergehenden Einflüsse, wie außerordentlich 
günstige oder ungünstige Witterungsverhältnisse, anormale Preissteigerungen oder Preisstürze. 
3. Als Bewirtschaftungskosten sind alle Kosten anzurechnen, die aufzuwenden 
sind oder aufzuwenden wären, um mit entlohnten fremden Arbeitskräften den Roh- 
ertrag zu erzielen. Es darf also nicht bloß der wirkliche regelmäßige Aufwand an Bar- 
und Naturallöhnen für das Betriebspersonal vom landwirtschaftlichen Rohertrag abgezogen 
werden, sondern es dürfen alle Aufwendungen in Ansatz kommen, die notwendig wären, 
wenn die Bewirtschaftung ausschließlich mit fremden Arbeitskräften erfolgen würde. 
Daraus ergibt sich, daß nicht nur für die an Stelle von Dienstboten im Betrieb arbeitenden 
Kinder — ohne Rücksicht auf ihre wirklichen Bezüge — dieselben Geld= und Naturalanschläge 
in Anrechnung kommen wie für gleichartige gedungene Dienstboten, sondern daß auch der 
Eigentümer selbst und seine Ehefrau ihre im Betriebe geleistete Arbeit angemessen in Anschlag 
bringen können. 
IV Der unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte berechnete Reinertrag bildet die Grund- 
lage für die nach § 39 der Ausführungsbestimmungen vorgeschriebenen Schätzung des Er- 
tragswerts. Es wird im allgemeinen angenommen werden können, daß der Ertragswert des 
landwirtschaftlich benützten Grundbesitzes in vielen Fällen geringer ist als der gemeine Wert 
(Verkaufs= oder Verkehrswert). Wenn dies aber nicht der Fall sein sollte, steht es dem 
Steuerpflichtigen nach S 31 Abs. 5 und § 32 des Gesetzes frei zu verlangen, daß statt 
des Ertragswerts der gemeine Wert (Verkaufs= oder Verkehrswert) der Berechnung 
der Gestehungskosten zu Grunde gelegt werde.
	        
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