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Ausschuß ist dadurch auf ½ seines Sollstandes ergänzt. Kehrt der etwa abwesende Kriegs-
teilnehmer zurück, so können trotzdem die beiden Zugewählten von der Aufsichtsbehörde im
Ausschusse belassen werden, weil hier Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Das Ausscheiden
ist aber immer zu verfügen, wenn sonst die Höchstzahl des Sollstandes überschritten würde.
Die dehnbare Fassung der Bestimmung soll überhaupt die möglichst breite Anwendung
des zu schaffenden Notbehelfs auf der einen Seite sichern, auf der anderen aber verhindern,
daß aus der vorübergehenden Bestimmung langwierige Streitigkeiten erwachsen. Diese An-
weisungen tragen deshalb die Eigenschaft von Sollvorschriften. Wenn Zweifel oder Meinungs-
verschiedenheiten entstehen, insbesondere weil überhaupt keine oder eine unvollständige Niederschrift
vorliegt, so kann die Aufsichtsbehörde durch Verfügung des Austritts die Zweifel beseitigen.
In derlei Fällen ist die Gemeindeverwaltung selbst vorher mit ihrer Außerung zu hören.
3. Der neue Abs. III des Art. 4 soll die Beschlußfähigkeit der Gemeindeversammlungen
da herstellen, wo die Verhältnisse es nicht mehr möglich machen, die Voraussetzungen des
Art. 149 der Gemeindeordnung für die Landesteile diesseits des Rheins zu erfüllen. Die
Bestimmung gilt nur für die Gemeindeversammlungen in Landgemeinden und nur für das
rechtsrheinische Bayern. In der Pfalz sind nach der Fassung des Art. 81 der pfalzischen
Gemeindeordnung Aushilfs-Bestimmungen nicht notwendig.
Die Gültigkeit des Beschlusses ist davon abhängig, daß das Bezirksamt die Genehmigung
zur Anwendung der Ausnahms-Vorschrift erteilt hat oder nachträglich erteilt. Dabei soll
das Bezirksamt prüfen, ob die Angelegenheit, die der Beschlußfassung unterstellt werden
soll, wirklich dringlicher Natur ist und ob nicht Rücksichten auf die abwesenden Kriegsteil-
nehmer die Zurückstellung der Angelegenheit nahelegen. Die Anwendung der Bestimmung
soll dadurch vor Mißbrauch geschützt werden. Die Genehmigung kann also nicht allgemein
erteilt werden.
Auf jene Beratungsgegenstände, für welche die Gemeindeordnung eine besondere An-
wesenheit verlangt (z. B. Art. 27/20 und 28/21 der beiden Gemeindeordnungen, Art. 9
der rechtsrheinischen Gemeindeordnung) findet die Ausnahmebestimmung keine Anwendung.
4. Das alte Gesetz ist jetzt auch auf die Beschäftigung im Vaterländischen Hilfsdienst
anwendbar (RGes. vom 5. Dezember 1916, GVl. S. 1333). Wenn auch § 8 des
Reichsgesetzes vorschreibt, daß bei der Überweisung zur Beschäftigung neben sonstigen Ver-
hältnissen auch der Wohnort nach Möglichkeit zu berücksichtigen sei, so ist eben dadurch
keineswegs ausgeschlossen, daß der Vaterländische Hilfsdienst bisweilen ähnlich wirken wird
wie der Heeresdienst. Die Anwendbarkeit ist in dieser Hinsicht auf den Zeitpunkt des In-
krafttretens des Reichsgesetzes, d. i. den 6. Dezember 1916, zurückbezogen.
München, den 24. Dezember 1917.
Dr. v. Brettreich.