Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1835. (1)

B.in Crimi— 
nalsachen. 
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dem Ermessen der Behörden (z. B. Dersagung einer gesuchten Decretsertheilung) über- 
lassen wird. 
#. 37. Auf Beschwerdeführung kann richterlichen Erkennrnissen nicht vorgegriffen, 
und eine rechtskräftige Entscheidung nicht abgeändert werden. 
§. 38. In Criminalsachen hat 
1.) wegen Verbrechen, bei welchen die ordentliche Serafe, wenn sie state fände, 
die Todes-, Zuchthaus-, oder eine die Dauer von acht Wochen übersteigende Gefängniß- 
strafe seyn würde, das Bezirksappellationsgericht das erste Urthel abzufassen. Dasselbe 
Gericht erkennt zugleich über geringere mit zur Untersuchung gekommene Verbrechen, in- 
gleichen über Bestrafung der ungleichen Theilnehmer und Begünstiger. Ueber eine Verthei- 
digung gegen das Urthel jenes Gerichts, (welche bei erkannter Todesstrafe auch amtehalber 
zu veranstalten ist) entscheidet das Oberappellationsgericht. 
2.) In andern Fällen darf der die Unrersuchung führende Unberrichter selbst encschei- 
den, oder ein Erkenntniß bei der Juristenfacultät zu Keipzig einholen. Auf ein dagegen ein- 
gewenderes Rechtsmittel, erkennt das Bezirksappellationsgericht. 
3.) Gegen das Erkenntniß der unfter Nr. 1. 2. geordneten zweiten Instanz find 
(auch wenn darin über neue Thatsachen oder Beweismittel, oder zugleich auf Privalgenug- 
thuung erkannt ist) keine Rechtsmittel weiter zulässig; nur wegen neuer erheblicher That- 
sachen oder Beweismittel, welche erst nachher zur Sprache kommen, oder wenn auf beson- 
dere Verordnung des Königs zur Ermittelung der Unschuld oder Minderung der Strafe 
eine nochmalige Vertheidigung gestattel# wird, kann noch ein Erkenntniß statt finden. 
Im ersten Falle entscheidet sowohl über die Zulässigkeic desselben, als auch über die 
Materialien, diesenige Instanz, in welcher das letzte Urthel abgefaßt wurde, im zweiten 
Falle das Oberappellationsgericht und zwar, wenn das zweite Urthel von demselben gespro- 
chen worden, in voller Versammlung. 
4:) Hat der Unterrichter Zweifel, ob in einer zur Abfassung eines Erkennenisses rei- 
fen Sache die Bestimmung unter Nr. 1. oder die unter Nr. 2, eintrete, so sind von ihm 
die Acten an das Bezirksappellationsgericht einzusenden. Letzteres hat, wenn der Zweifel 
nicht ganz ungegründet ist, sofort selbst zu erkennen. 
5.) Auf Rechtsmittel der Angeschuldigten darf nicht härter erkanne werden, als bereies 
geschehen ist. 
6.) Oie Erkennenisse der Oberbehörden werden beim Untergerichk publicirk. Das Ober- 
appellationsgericht sendet die seinigen an dasselbe durch das Appellarionsgeriche. 
7.) Das Oberappellationsgericht darf in geeigneten Fällen Verbrecher der Gnade des 
Königs empfehlen. Es hart dann zugleich sein Erkenntniß an das Justizministerium einzu- 
senden. Erfolge ein Erlaß, eine Verminderung oder Verwandlung der Serafe, so wird 
sowohl das Erkenntniß, als die Begnadigungsverordnung publicirk.
	        
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