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Verfolg die Eristenz allgemeiner Mißbräuche und Uebelstände von besonderer Erheblichkeit
und Dringlichkeit zwar nicht ergeben, wohl aber bestätigt, daß die obigen Bestimmungen
theilweise in Vergessenheit gerathen und die über Nichtbeachtung derselben, insbesondere von
den Mahlgästen geführten Klagen nicht unbegründet seien. Auch haben die in der letzt-
verflossenen Zeit während des eingetretenen Mahlwassermangels gemachten Erfahrungen ge-
zeigt, daß die Müller ihrer gesetzlichen Obliegenheiten nicht allenthalben eingedenk gewesen
sind, sondern den durch die Umstände herbeigeführten vermehrten Andrang zu den Mühlen
mehrfach zu unstatthaften Anforderungen an die Mahlgäste gemißbraucht haben.
Das Ministerium des Innern nimmt daher Veranlassung, die oben unter 1 — 4 aus-
gehobenen Vorschriften durch gegenwärtige Verordnung mit der Bemerkung wiederum in Erin-
nerung zu bringen, daß selbige für das gegenseitige Verhalten der Müller und Mahlgäste
noch dermalen eben so als maaßgebend zu betrachten seien, als den Obrigkeiten die Ver-
pflichtung obliegt, auf die gehörige Beobachtung derselben ein wachsames Auge zu richten
und gegen wahrzunehmende Zuwiderhandlungen nicht blos auf geführte Beschwerde, sondern
auch von Amtswegen nachdrücklich einzuschreiten.
Insonderheit haben sich die Obrigkeiten, unter deren Gerichtsbarkeit sich Mahlmühlen
befinden, durch eine demnächst vorzunehmende Localrevision zu vergewissern, daß der unter
4 gedachten Vorschrift wegen Aufstellung einer tüchtigen Waage nebst richtigen Gewichten
in jeder Mühle allenthalben Genüge geschehen sei, da aber, wo es daran noch fehlen sollte,
den Müllern die Anschaffung dieser Gegenstände binnen gemessener Frist bei einer namhaf-
ten Ordnungsstrafe aufzugeben.
Da ferner die Haltung von Mahlregistern in den Mühlen, in welche sowohl das zur
Mühle gebrachte Getraide, als auch das davon nach Abzug des Abgangs, sowie beziehend-
lich der Mahlmetze gewonnene Mehl und Kleien dem Maaße oder Gewichte nach eingetra-
gen und zugleich der bei dem Mahlen eingehangene Beutel angegeben wird, als ein beson-
ders geeignetes Mittel erscheint, das Vertrauen des Publicums auf den ordnungsmäßigen
Mahlbetrieb zu befestigen, auch insonderheit die Müller hierdurch gegen die ebenfalls vor-
kommenden unbilligen Anforderungen und Ansprüche der Mahlgäste sich sicherstellen können,
so werden die Obrigkeiten sich angelegen sein lassen, diese Einrichtung den Mühlenbesitzern,
welche sie nicht ohnehin schon angenommen haben sollten, eindringlich anzuempfehlen und
auf deren allgemeine Einführung thunlichst hinzuwirken.
Dresden, am 1 Aten December 1842.
Ministerium des Innern.
Nostitz und Jänckendorf.
Stelzner.
Letzte Absendung: um 31stden December 1842.