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Gesch-und Verordnungsblall
für das Königreich Sachsen,
22% Stück vom Jahre 1846.
M 73) Verordnung,
das Verfahren bei den auf Antrag zu bestrafenden Verbrechen betreffend;
vom 27sten November 1846.
R Justizministerium ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß bei Verbrechen, die
unter gewissen Umständen nur auf Antrag eines Betheiligten, unter anderen Umständen aber
von richterlichen Amts wegen zur Untersuchung zu ziehen sind, die Untersuchungsrichter, von
der Ansicht ausgehend, daß im vorliegenden Falle Umstände der letzteren Art vorliegen, es
häufig unterlassen, sich gleich beim Anfange der Untersuchung darüber zu vergewissern, ob der
Verletzte oder Betheiligte den Angeschuldigten bestraft haben wolle oder nicht, wodurch dann,
wenn die erkennende Behörde eine entgegengesetzte Ansicht faßt, Interlocute auf nachträgliche
Befragung der Betheiligten, und, wenn deren Erklärung ablehnend ausfällt, vergebliche
Arbeit und Kosten veranlaßt werden.
Um diesem Uebelstande für die Zukunft vorzubeugen, werden sämmtliche Untersuchungs-
gerichte hiermit angewiesen, in allen Fällen, wo ein Vergehen zu ihrer Kenntniß kommt,
von welchem es ihnen irgend zweifelhaft scheint, ob dasselbe von richterlichen Amts wegen,
oder nur auf Antrag eines Betheiligten zu untersuchen und zu bestrafen sei, den oder die Letz-
teren gleich im Anfange des Verfahrens ausdrücklich zu befragen, ob sie den Angeschuldigten
bestraft wissen wollen, und deren Erklärung legal zu den Acten zu bemerken.
Dresden, den 27 sten November 1 846.
Ministerium der Justiz.
von Carlowitz.
Hausmann.
1846. 48