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die Wahrheit sorgfältig zu ermitteln, und nöthigenfalls bei der vermeintlich zur Uebernahme
verpflichteten Behörde Erkundigung einzuziehen.
* 12. Sollte der Fall eintreten, daß eine, von dem einen der hohen contrahirenden
Theile dem anderen Theile zum weiteren Transporte in einem rückwärts liegenden Staate,
zu Folge der Bestimmung des § 10 zugeführte Person von dem Letzteren nicht angenom-
men würde, so kann dieselbe wieder in denjenigen Staat, welcher sie ausgewiesen hatte, zur
vorläufigen Beibehaltung zurückgebracht werden.
s 13. Die Ueberweisung von Individuen aus dem einen Staate in den anderen
geschieht in der Regel mittelst Transports und Abgabe derselben an die Polizeibehörde des-
jenigen Orts, an welchem der Transport als von Seiten des ausweisenden Staates been-
digt anzusehen ist. Mit den Personen werden zugleich die Beweisstücke, worauf der Trans-
port conventionsmäßig gegründet wird, übergeben.
In Fällen jedoch, wo keine Gefahr zu besorgen ist, können einzelne Personen auch mit-
telst eines Laufpasses, in welchem ihnen die zu befolgende Route genau vorgeschrieben ist,
in den Staat, welcher sie zu übernehmen hat, gewiesen werden. Es sollen auch nie mehr
als drei Personen zugleich auf den Transport gegeben werden, es wäre denn, daß sie zu
einer und derselben Familie gehören und in dieser Hinsicht nicht wohl getrennt werden
können. Größere sogenannte Vagantenschube sollen künftig nicht Statt finden.
§ 14. Da die Ausweisung nicht auf Requisition des zur Annahme verpflichteten
Staates geschieht, und dadurch zunächst nur der eigene Vortheil des ausweisenden Staates
bezweckt wird, so können für den Transport und die Verpflegung der Ausgewiesenen keine
Anforderungen an den übernehmenden Staat gemacht werden.
Wenn ein Auszuweisender, welcher einem rückwärts liegenden Staate zugeführt werden
soll, von diesem nicht angenommen, und deshalb nach § 12 in denjenigen Staat, welcher
ihn ausgewiesen hatte, zurückgebracht wird, so muß letzterer auch die Kosten des Trans-
ports und der Verpflegung erstatten, welche bei der Zurückführung aufgelaufen sind.
§ 15. Können die respectiven Behörden über die Verpflichtung des Staats, dem die
Uebernahme angesonnen wird, der, in der Convention aufgestellten Kennzeichen der Ver-
pflichtung ungeachtet, bei der darüber stattgefundenen Correspondenz sich nicht vereinigen,
und ist die diesfällige Differenz derselben auch im diplomatischen Wege nicht zu besertigen
gewesen, so wollen beide contrahirende Theile den Streitfall zur compromissarischen Ent-
scheidung eines solchen dritten deutschen Bundesstaates stellen, welcher sich mit beiden con-
trahirenden Theilen wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen in denselben Ver-
tragsverhältnissen befindet.
Die Wahl der zur Uebernahme des Compromisses zu ersuchenden Bundesregierung bleibt
demjenigen der contrahirenden Theile überlassen, der zu Uebernahme des Ausgewiesenen
verpflichtet werden soll.