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mit den Ufern und in gleichen Abständen von denselben gezogene Mittellinie die Grenze der
beiderseitigen Landeshoheit bildet.
§& 2. AJst es zweifelhaft, an welcher Stelle ein Verunglückter oder ein Corpus delicti
aufgefunden, ein Verbrechen begangen, ein Verbrecher angehalten wurde; so ist zur Amts-
handlung derjenige Staat berufen, welchem der Verunglückte, der Verbrecher, das Corpus
delicti u. s. f. vorher angehörten. Ist auch dieses zweifelhaft, so entscheidet die Prävention,
wobei übrigens es von selbst sich versteht, daß, wenn obige Amtshandlung an sich keine selb-
ständige Untersuchung begründet, sondern einer dieß= oder jenseits bereits anhängigen ange-
hört, die somit schon feststehende Competenz hierdurch keine Veränderung erleidet.
§ 3. Die Privatberechtigungen bleiben unverrückt aufrecht bestehend, wenn selbe sich
auch über die § 1 bezeichnete Hoheitsgrenze erstreckt haben würden. In der Regel wird aber
vorausgesetzt, daß dieselben zwischen den beiderseits anstoßenden Grund= und Gerichtsherrn
oder Privaten gleich getheilt seien, und daß die Grenze derselben, soweit die Natur dieser
Berechtigungen eine solche zuläßt, von der Mittellinie des Gewässers gebildet werde.
§ 4. Was insbesondere das Floßrecht betrifft, so kann solches sowohl böhmischer als
sächsischer Seits ausgeübt werden, doch bewendet es, den eigenen Unterthanen gegenüber,
bei der Verfassung jedes der beiden Staaten; und da die Hohen contrahirenden Regierungen
beabsichtigen, hinsichtlich des Floßbetriebes es bei dem Herkommen zu belassen, so werden sie,
wenn diesfalls etwas geändert werden wollte, ihre Vermittelung eintreten lassen, unbeschadet
jedoch ihrer eigenen und ihrer Unterthanen Rechte.
§ 5. Sollten wegen der Privatberechtigungen an den Grenzbächen Streitigkeiten zwi-
schen den Betheiligten entstehen, so bleibt es dem sich verletzt erachtenden Theile unbenom-
men, sich um Abhülfe an die vorgesetzte Behörde zu wenden, wo sodann, wenn die Bethei-
ligten nicht insgesammt demselben Staate angehören, oder der Streit auch auf Gebietstheile
des Nachbarlandes Bezug nimmt, im Einvernehmen der beiderseitigen Grenzbehörden und,
falls eine Grenzobrigkeit selbst Parthei wäre, der Kreisbehörden, die Vermittelung in Güte
versucht, und, wenn kein gütliches Uebereinkommen erzielt werden könnte, über den Streit-
gegenstand nach Maaßgabe des erhobenen Sachverhaltes und der eintretenden Verhältnisse
gemeinschaftlich entschieden, oder derselbe dem Austrage im gerichtlichen Wege überwiesen
werden wird.
§ 6. Odhne vother eingeholte und erhaltene Bewilligung, dann vorhergegangene ge-
meinschaftliche Lokalbesichtigung von den beiderseitigen Grenzbehörden darf keine neue Wiesen-
bewässerung oder neues Wasserwerk angelegt, keine Veränderung eines Gerinnes, eines Ein-
oder Ablasses, einer Wehre, Schleuße oder Arche, keine Erhöhung oder Erniedrigung eines
Haimstockes, Fachbaumes oder Fachbrettes vorgenommen, kein den Rinnsal des Baches gegen
den vorigen Bestand verengender, oder den Lauf des Wassers ändernder Ufer-Versicherungs-