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Die Geburt (c) begründet eine Verpflichtung zur Uebernahme nur dann, wenn keiner der
beiden andern Fälle (a undb) vorliegt. Treffen diese zusammen, so ist das neuere Verhält-
niß entscheidend.
3. Ehefrauen sind in den Fällen des § 1 und 2, ihre Uebernahme möge gleichzeitig
mit derjenigen ihres Ehegatten oder ohne diese in Frage kommen, von demjenigen Staate zu
übernehmen, welchem der Ehemann nach § 1 oder 2 zugehört.
Bei Wittwen und geschiedenen Ehefrauen ist, jedoch nur bis zu einer in ihrer Person ein-
tretenden, die Uebernahme-Verbindlichkeit begründenden Veränderung, das Verhältniß des
Chemannes zur Zeit seines Todes und beziehungsweise der Ehescheidung maaßgebend.
Die Frage, ob eine Ehe vorhanden sei, wird im Falle des § 1 nach den Gesetzen desjeni-
gen Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört; im Falle des § 2 aber nach den
Gesetzen desjenigen Staates, wo die Eheschließung erfolgt ist.
§# 4. Eheliche Kinder sind, wenn es sich um deren Uebernahme vor vollendetem 21sten
Lebensjahre handelt, in den Fällen des § 1 und 2 nicht nach ihrem eigenen Verhältnisse, son-
dern nach dem des Vaters zu beurtheilen. Kinder, welche durch nachfolgende Ehe der Eltern
legitimirt sind, werden den ehelich geborenen gleich geachtet.
s5. Urneheliche Kinder sind nach demjenigen Unterthansverhältnisse zu beurtheilen, in
welchem zur Zeit der Geburt derselben deren Mutter stand, auch wenn sich später eine Ver-
änderung in diesem Verhältnisse der Mutter zugetragen hat.
Gehörte die Mutter zur Zeit der Geburt ihres unehelichen Kindes keinem der contrahiren-
den Staaten als Unterthanin an, so entscheiden über die Verpflichtung zu seiner Uebernahme
die Bestimmungen des & 2.
Auch auf uneheliche Kinder findet die Vorschrift des zweiten Absatzes des § 6 Anwendung.
& 6. Ist keiner der im § 2 gedachten Fälle vorhanden, so muß der Staat, in welchem
der Heimathlose sich aufhält, denselben behalten.
Doch sollen weder Ehefrauen noch Kinder unter 16 Jahren, falls sie einem andern Staate
nach § 1 oder 2 zugewiesen werden könnten, von ihren Ehemännern und beziehungsweise El-
tern getrennt werden.
& 7. Wienn diejenige Regierung, welche sich einer lästigen Person entledigen will, die
Uebernahme derselben von mehreren deutschen Bundesstaaten aus der gegenwärtigen oder einer
andern Uebereinkunft zu fordern berechtigt ist, so hat sie denjenigen Staat zunächst in Anspruch
zu nehmen, welcher in Beziehung auf den Verpflichtungsgrund oder die Zeitfolge näher ver-
pflichtet ist.
Hat dieser Staat, auch nach vorgängigem Schriftwechsel der obersten Landesbehörden, die
Uebernahme verweigert, so kann die ausweisende Regierung auch von demjenigen Staate, wel-
cher nach gegenwärtiger Uebereinkunft hiernächst verpflichtet ist, die Uebernahme fordern und
demselben die Geltendmachung seines Rechts gegen den vermeintlich näher verpflichteten Staat
überlassen.