Arbeitsver-
träge Unmün-
diger.
Kündigung.
Entlassung der
Arbeiter ohne
Kündigung.
( 202 )
64. Unmündige bedürfen, dafern sie nicht etwa bereits mit ausdrücklicher oder still-
schweigender Einwilligung ihrer Eltern und Vormünder in der Lage sind, ihr Fortkommen
selbst suchen zu müssen, zu Abschließung eines Arbeitsvertrags der Einwilligung des Vaters
oder Vormundes. Diese Einwilligung kann unter gleichen Voraussetzungen, wie nach 6 10
der Gesindeordnung vom 1 Oten Januar 1835 (Gesetz= und Verordnungsblatt vom Jahre 1835,
Seite 19), von der Obrigkeit supplirt werden.
War die Einwilligung nicht auf bestimmte Zeit beschränkt oder ausdrücklich nur auf einen
bestimmten Arbeitsgeber gerichtet, so bedarf es zu Abschluß weiterer Arbeitsverträge mit Un-
mündigen keiner erneuten Einwilligung des Vaters oder Vormundes, vielmehr haben die mit
solchen Unmündigen später abgeschlossenen Arbeitsverträge sammt allen daraus entspringenden
Ansprüchen und Forderungen volle rechtliche Gültigkeit.
In Streitigkeiten, welche über nach Vorstehendem durch unmündige Arbeiter gültig ge-
schlossene Arbeitsverträge entstehen, können unmündige Arbeiter auch ohne Vater oder Vor-
mund vor Gericht handeln.
665. Wenn über die Kündigungszeit nichts Anderes verabredet oder in Fabrikordnungen
(& 76) festgesetzt ist, gilt die in dem betreffenden Gewerbe am Orte übliche Auslohnungs-
frist auch als Kündigungsfrist, dergestalt, daß beiderseits nur von Lohntag zu Lohntag gekündigt
werden kann.
s66. Ohne Rücksicht auf Kündigungsfrist darf der Arbeiter, soweit nicht der Arbeits-
vertrag oder die Fabrikordnung weitergehende Bestimmungen enthält, sofort entlassen werden:
a) wenn er ein Verbrechen begeht, oder sich ein nach der bestehenden Gesetzgebung zur
polizeilichen Ausweisung sich qualificirendes Vergehen oder Verhalten zu Schulden
kommen läßt;
b) wenn er ohne Einwilligung des Arbeitsgebers ein Nebengeschäft treibt, welches ihn
in der Erfüllung seiner Verpflichtungen gegen den Arbeitsgeber hindert;
C) wenn er sich eines Vergehens gegen §6 71, 72 und 73 dieses Gesetzes schuldig
macht;
d) wenn er den Arbeitsherrn oder ein Glied seiner Familie oder seines Hausstandes,
oder eine in der Werkstatt zur Aufsicht angestellte Person thätlich oder sonst schwer
beleidigt;
e) wenn er Glieder der Familie oder des Hausstandes des Arbeitsherrn, Mitarbeiter
oder Lehrlinge zu unordentlichem Lebenswandel oder zu unerlaubten Handlungen zu
verleiten sucht;
f.) wenn er sich weigert, die ihm übertragene Gewerbsarbeit auszuführen;
g) wenn er arbeitsunfähig wird, oder in eine ansteckende oder eckelhafte Krankheit
verfällt;