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Art. 706. Die Verpflichtung, von einem geretteten Gegenstande beizutragen, wird da—
durch, daß derselbe später von besonderer Haverei betroffen wird, nur dann vollständig aufge—
hoben, wenn der Gegenstand ganz verloren geht.
Art. 707. Der Anspruch auf Vergütung einer zur großen Haverei gehörenden Be—
schädigung wird durch eine besondere Haverei, welche den beschädigten Gegenstand später trifft,
sei es, daß er von neuem beschädigt wird oder ganz verloren geht, nur insoweit aufgehoben,
als bewiesen wird, daß der spätere Unfall nicht allein mit dem früheren in keinem Zusammen—
hange steht, sondern daß er auch den früheren Schaden nach sich gezogen haben würde, wenn
dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre.
Sind jedoch vor Eintritt des späteren Unfalls zur Wiederherstellung des beschädigten Ge—
genstandes bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf Ver—
gütung bestehen.
Art. 708. Große Haverei liegt namentlich in folgenden Fällen vor, vorausgesetzt, daß
in denselben zugleich die Erfordernisse der Art. 702, 704 und 705 insoweit vorhanden sind,
als in diesem Artikel nichts Besonderes bestimmt ist:
1) Wenn Waaren, Schiffstheile oder Schiffsgeräthschaften über Bord geworfen, Masten
gekappt, Taue oder Segel weggeschnitten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten ge—
schlippt oder gekappt worden sind.
Sowohl diese Schäden selbst, als die durch solche Maaßregeln an Schiff oder
Ladung ferner verursachten Schäden gehören zur großen Haverei.
2) Wenn zur Erleichterung des Schiffs die Ladung ganz oder theilweise in Leichter-
fahrzeuge übergeladen worden ist.
Es gehört zur großen Haverei sowohl der Leichterlohn als der Schaden, welcher
bei dem Ueberladen in das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff
der Ladung oder dem Schiffe zugefügt worden ist, sowie der Schaden, welcher die
Ladung auf dem Leichterfahrzeuge betroffen hat.
Mußß die Erleichterung im regelmäßigen Verlaufe der Reise erfolgen, so liegt
große Haverei nicht vor.
3) Wenn das Schiff absichtlich auf den Strand gesetzt worden ist, jedoch nur wenn
die Abwendung des Untergangs oder der Nehmung damit bezweckt war.
Sowohl die durch die Strandung, einschließlich der Abbringung, entstandenen
Schäden, als auch die Kosten der Abbringung gehören zur großen Haverei.
Wird das behufs Abwendung des Untergangs auf den Strand gesetzte Schiff
nicht abgebracht oder nach der Abbringung reparaturunfähig (Art. 444) befunden,
so findet eine Havereivertheilung nicht Statt.
Ist das Schiff gestrandet, ohne daß die Strandung zur Rettung von Schiff
und Ladung vorsätzlich herbeigeführt war, so gehören zwar nicht die durch die
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