Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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auch ihm nach Befinden bemerklich zu machen, daß er durch wahrheitswidrige Angaben die 
Untersuchung zu seinem Schaden erschwere und sich selbst benachtheilige. Der Richter kann 
auch bei späteren Vernehmungen diese Aufforderung und Bedentung wiederholen. 
Nicht minder hat der Richter dem Angeschuldigten die strafbare Handlung, deren er 
beschuldigt ist, zu bezeichnen und ihn aufzufordern, sich über die den Gegenstand der An- 
schuldigung bildenden Thatsachen in einer zusammenhängenden verständlichen Erzählung zu 
erklären. Die weitere Befragung des Angeschuldigten ist auf die Ergänzung der Erzählung, 
auf die Entfernung etwaiger Dunkelheiten und Beseitigung von Widersprüchen, in denen 
seine Angaben unter sich oder mit anderen erhobenen Thatsachen stehen, zu richten, und es ist 
hierbei dafür Sorge zu tragen, daß im Laufe der Voruntersuchung der Angeschuldigte die 
gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe erfahre und dadurch ausreichende Gelegenheit zu seiner 
Rechtfertigung erhalte. 
Art. 169. 
Vernehmung über die persönlichen Verhältnisse. 
Der Richter hat den Angeschuldigten auch über dessen persönliche Verhältnisse, soweit sie 
für die Beurtheilung der Sache nöthig und nicht bereits actenkundig sind, insbesondere ob und 
weshalb er schon in Untersuchung sich befunden und Strafe erlitten habe, zu befragen und für 
die Herbeischaffung der etwa erforderlichen Bescheinigungen besorgt zu sein. 
Dem Ermessen des Richters bleibt anheimgestellt, ob er bei der ersten oder einer späteren 
Vernehmung diese Befragung bewirken will. 
Art. 170. 
Fragstellung. 
Die an den Angeschuldigten zu richtenden Fragen sind bestimmt und deutlich, insonder- 
heit so zu fassen, daß sie nicht auf verschiedene Umstände zugleich sich beziehen und der Ver- 
nommene zu erkennen im Stande ist, was er mit der Beantwortung derselben bejahe oder 
verneine. Auch ist die Stellung solcher Fragen zu vermeiden, in welchen eine von dem 
Angeschuldigten geleugnete oder doch wenigstens nicht zugestandene Thatsache als bereits zu- 
gestanden angenommen wird. 
Art. 171. 
Unstatthaftigkeit von Zwangsmaßregeln. 
Der Richter darf, um den Angeschuldigten zu Geständnissen oder anderen Angaben zu 
bewegen, weder Versprechungen, Vorspiegelungen oder Drohungen, noch körperlichen Zwang 
anwenden oder anwenden lassen. 
Derartige Mittel sind auch dann nicht zulässig, wenn der Angeschuldigte überhaupt oder 
in einzelnen Fällen sich weigert, zu antworten, oder sich taub, stumm, wahnsinnig, blödsinnig 
oder krank stellt, obwohl der Untersuchungsrichter nach seinen eigenen Wahrnehmungen oder 
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