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den übrigen Actenstücken dürfen den Geschwornen in ihr Berathungszimmer nur Risse, Hand-
zeichnungen und ähnliche, zur Erläuterung der einschlagenden Verhältnisse dienliche Gegen-
stände mitgegeben werden. Ebenso können ihnen Ueberführungsstücke mitgegeben werden.
Die Geschwornen dürfen schriftliche Bemerkungen, die sie selbst während der Verhand-
lung sich gemacht haben, niemals aber solche, die von anderen Personen herrühren, in ihr
Berathungszimmer mitnehmen.
Der Präsident erläutert den Geschwornen die Regeln der Abstimmung (§§ 74 fg.), na-
mentlich bei Zusatz= und eventuellen und alternativen Fragen.
Die Geschwornen ziehen sich auf Anordnung des Präsidenten in ihr Berathungszimmer
zurück.
Der verhaftete Angeklagte wird abgeführt.
872.
Der Berathung der Geschwornen über den Wahrspruch darf außer den Geschwornen Nie—
mand beiwohnen, insbesondere auch nicht die Ergänzungsgeschwornen, welche zur Mitwirkung
bei dem Wahrspruche nicht berufen worden sind.
Der Präsident läßt die Zugänge des Berathungszimmers bewachen und sorgt dafür, daß
ohne seine Erlaubniß vor dem Beschlusse des Wahrspruchs kein Geschworner das Berathungs—
zimmer verlasse und keine dritte Person in dasselbe eintrete.
Auch sonst darf ohne gesetzliche Veranlassung keinerlei Verkehr zwischen den im Berathungs-
zimmer versammelten Geschwornen und anderen Personen Statt finden.
Geschworne, welche diesem Verbote zuwiderhandeln, haben eine Geldbuße bis zu Ein-
hundert Thalern und zuwiderhandelnde dritte Personen eine gleiche Geldbuße oder eine Ge-
fängnißstrafe bis zu drei Tagen verwirkt.
Die Strafe wird von dem Gerichtshofe nach Gehör des Staatsanwalts ausgesprochen,
ohne daß ein Rechtsmittel dagegen zulässig ist.
8 73.
Die Geschwornen wählen zunächst ihren Obmann durch Stimmenmehrheit mittels schrift-
licher Abstimmung. Haben Mehrere gleiche Stimmenzahl erhalten, so entscheidet zwischen den-
selben das höhere Lebensalter.
Der Obmann hat die Berathung zu leiten und deren Ergebniß festzustellen.
Der Obmann hat den Geschwornen Folgendes zu ihrer Richtschnur vorzulesen:
„Nach dem Gesetze kann von den Geschwornen keine Rechenschaft über die Gründe
ihrer Ueberzeugung gefordert werden; dasselbe schreibt ihnen keine Regeln vor, nach
welchen sie die Vollständigkeit eines Beweises zu beurtheilen hätten; aber es legt ihnen
die durch einen feierlichen Eid geheiligte Pflicht auf, alles für und wider den An-
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