Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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818. 
Eine Zuziehung der Gerichtsschöffen zu der Hauptverhandlung und Aburtheilung findet 
nicht Statt, wenn der Angeschuldigte bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung vor einem 
richterlichen Beamten eines Gerichts ein glaubhaftes und die erhobene Beschuldigung voll— 
ständig umfassendes Geständniß abgelegt hat und hierüber der Staatsanwalt und der An— 
geschuldigte auf die Zuziehung von Schöffen ausdrücklich verzichten. Die Entschließung darüber, 
ob sonach von der Zuziehung von Gerichtsschöffen abzusehen sei, steht dem Bezirksgerichte zu. 
Sie kann von denjenigen Richtern, welche über die Verweisung des Angeschuldigten zur Haupt— 
verhandlung entschieden haben, ertheilt und beziehendlich mit dieser Entscheidung verbunden 
werden. 
Ein bei den gerichtspolizeilichen Erörterungen vor dem Staatsanwalte oder der Polizei— 
behörde abgelegtes Geständniß soll einem gerichtlichen in der im Abs. 1 bemerkten Beziehung 
nicht gleichgeachtet werden. 
819. 
In gleicher Maße ist zu verfahren, wenn einer von mehreren Angeschuldigten ein solches 
gerichtliches Geständniß abgelegt hat, und der besonderen Aburtheilung dieses Angeschuldigten 
kein Bedenken entgegensteht. Das Bezirksgericht kann zugleich verfügen, daß mit der beson— 
deren Aburtheilung so lange Anstand genommen werde, bis die Aburtheilung der übrigen 
Angeschuldigten erfolgt ist. 
820. 
Bezieht sich die Untersuchung auf mehrere Verbrechen desselben Angeschuldigten, so tritt 
die Bestimmung des § 18 nur dann ein, wenn das Geständniß auf alle diese Verbrechen sich 
erstreckt. 
21. 
Wenn der Angeschuldigte, gegen welchen in den Fällen des 6 18 fg. des gegenwärtigen 
Gesetzes in Folge seines Geständnisses mit der Aburtheilung ohne Zuziehung von Schöffen ver- 
fahren werden soll, das Geständniß widerruft, so hat das Bezirksgericht durch die zur Ab- 
urtheilung berufenen Richter die Erheblichkeit des Widerrufs zu prüfen und, wenn es bei der 
Beschlußfassung hierüber nicht einstimmig der Meinung ist, daß der Widerruf völlig unglaubhaft 
sei, die Verweisung zur Hauptverhandlung unter Zuziehung von Gerichtsschöffen zu verfügen. 
*22. 
Die Bestimmung des vorigen Paragraphen ist anzuwenden, auch wenn der Widerruf erst 
während der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgerichte erfolgt. Nach Schluß der Beweis- 
aufnahme in der Hauptverhandlung steht dem Widerrufe die vorstehend ihm beigelegte Wirk- 
ung nicht zu.
	        
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