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* 23. Der Angeklagte kann sich zur Einwendung und Ausführung der ihm nach-
gelassenen Rechtsmittel eines Vertheidigers bedienen.
#6 224. Der Verurtheilte kann von dem Gerichte die Beiordnung eines Vertheidi-
gers verlangen, wenn er in dem Erkenntnisse erster Instanz zu einer mindestens vier-
jährigen Gefängnißstrafe oder Festungshaft oder zu einer Zuchthausstrafe verurtheilt
worden ist.
* 25. Ist der Angeklagte zu Todesstrafe verurtheilt worden, so ist die Ver-
theidigung eine nothwendige, dergestalt, daß dem Verurtheilten ein Vertheidiger von
Amtswegen durch den Untersuchungsrichter beizuordnen ist, wenn er nicht binnen drei
Tagen von Bekanntmachung des Todesurtheils einen Vertheidiger benannt hat.
IV.
Die Wiedereinführung der Todesstrafe betreffend.
#26. Die Bestimmungen in §§ 34, 35 des Gesetzes, das Verfahren in den vor
die Geschwornengerichte gewiesenen Untersuchungssachen betreffend, vom 1. October 1868
(Seite 1217 fg., Abth. II des Gesetz= und Verordnungsblattes vom Jahre 1868), finden
auch in dem Falle keine Anwendung, wenn das Verbrechen mit der Todesstrafe bedroht ist.
& 27. Die Annahme, daß der Angeschuldigte der Flucht verdächtig sei (Art. 151
der Revidirten Strafprozeßordnung), bedarf keiner weiteren Rechtfertigung, wenn das
Verbrechen mit Todes= oder Zuchthausstrafe bedroht ist.
# 28. Ist auf Todesstrafe erkannt und ist hiergegen von dem Verurtheilten ein
Rechtsmittel nicht eingewendet worden, so hat das Bezirksgericht, nach Bekanntmachung
des Erkenntnisses und nach Ablauf der im Art. 86 der Revidirten Strafprozeßordnung
geordneten Frist, dasselbe von Amtswegen dem Oberappellationsgerichte vorzulegen.
Das Oberappellationsgericht hat, nach Gehör des Generalstaatsanwalts, zu prüfen,
ob ein Nichtigkeitsgrund zu Gunsten des Verurtheilten vorliegt und, dafern sich hierbei
ein solcher Grund ergiebt, so zu entscheiden, als ob hierauf von dem Angeklagten selbst
eine Nichtigkeitsbeschwerde gegründet worden wäre. Es kann jedoch auch in diesem
Falle deshalb, weil die Untersuchung und Aburtheilung durch ein anderes Bezirksgericht,
beziehendlich Geschwornengericht, als das zuständige, erfolgt ist, das Erkenntniß nicht
aufgehoben werden.
Ist von dem Verurtheilten selbst oder zu seinen Gunsten von der Staatsanwaltschaft
eine Nichtigkeitsbeschwerde eingewendet worden, so hat das Oberappellationsgericht neben
der Prüfung der hierbei aufgestellten Beschwerdepunkte auch noch der vorstehend angeord-
neten Prüfung sich zu unterziehen und demgemäß das Nöthige zu erkennen.