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MÆ 23. Gesetz,
das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen betreffend;
vom 8. März 1879.
W.g, Albert, von GOXTES Gnaden Körig von Sachsen
2c. 2c. 2c.
verordnen mit Zustimmung Unserer getreuen Stände was folgt:
# 1. Den Polizeibehörden steht das Befugniß zu, wegen Uebertretungen jeder Art
Strafverfügungen nach Maßgabe der §§ 453 bis 458 der Strafprozeßordnung vom
1. Februar 1877 zu erlassen, insoweit nicht Reichsgesetze etwas Anderes bestimmen.
Insoweit nach besonderen Gesetzen das Befugniß von Polizeibehörden zu Ver-
hängung von Strafen eine beschränktere als nach den in Absatz 1 bezeichneten Be-
stimmungen der Strafprozeßordnung ist, bewendet es hierbei.
Für den Gerichtsstand in Polizeistrafsachen sind die Bestimmungen in §§ 7 fg.
der Strafprozeßordnung ebenfalls maßgebend.
#2. Die Zustellung der Strafverfügung kann durch die Post gegen Zustellungs-
urkunde oder durch den Beamten, der sie erläßt, oder durch den verpflichteten Boten
einer Polizei= oder Gerichtsbehörde erfolgen. In Abwesenheit des Angeschuldigten kann
die Verfügung Jedem zugestellt werden, welchem statt des Betheiligten eine gerichtliche
Zufertigung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877
gültig zugestellt werden kann.
& 3. Wenn von dem Beschuldigten innerhalb der gesetzlichen Frist auf gerichtliche
Entscheidung nicht angetragen wird, ist die Strafverfügung im ganzen Umfange sofort
vollstrechbar. Wird der Antrag nur in Bezug auf einen Theil der Verfügung gestellt,
so tritt die letztere in ihrem ganzen Umfange außer Kraft.
# 4.Für die Strafverfügung, einschließlich der derselben etwa vorausgegangenen
Erörterungen, sind abgesehen von etwaigen Verlägen (zu welchen jedoch Copialien nicht
zu rechnen sind), keinerlei Kosten zu berechnen.
Die Kosten der Strafvollstreckung werden durch diese Bestimmung nicht berührt.
65. Ein Rerurs oder eine Beschwerde an die vorgesetzte Verwaltungsbehörde
findet gegen eine Strafverfügung nicht statt, gegen deren Vollstreckung aber nur in-
soweit, als behauptet wird, daß dabei den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften entgegen-
gehandelt werde.
6#6. Bei Strafandrohungen der Polizeibehörden haben die Gerichte zwar darüber,
ob dieselben von der zuständigen Behörde innerhalb ihrer Befugniß erlassen worden
seien, nicht aber über deren Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit zu urtheilen.