Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1887. (53)

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ständniß gelesen und mit den Bedingungen des korrekten Gebrauches der deutschen Sprache 
sich vertraut gemacht hat. 
2. Vorbedingung zur Lehrbefähigung in der deutschen Sprache, gleichviel 
für welche Klassenstufe, ist, daß die vom Kandidaten in deutscher Sprache abgefaßten 
Arbeiten eine geordnete Darstellung aufweisen und frei sind von grammatischen und 
stilistischen Verstößen. 
3. Zur Lehrbefähigung für die unteren Klassen ist außerdem erforderlich: genaue 
und sichere Kenntniß der neuhochdeutschen Grammatik, ihrer Formenlehre, wie ihres 
Satzbaues, Bekanntschaft mit den hervorragendsten klassischen Werken der neueren deutschen 
Litteratur und Kenntniß der Hauptgesetze der deutschen Metrik. 
4. Für die Lehrbefähigung in den mittleren Klassen ist noch erforderlich: aus— 
reichende Kenntniß der mittelhochdeutschen Sprache und die Fähigkeit, eine nicht besonders 
schwere Stelle aus dem Nibelungenliede, der Gudrun, aus Hartmann's oder Walther's 
von der Vogelweide Gedichten richtig zu lesen und zu übersetzen, eingehendere Bekannt— 
schaft mit den klassischen Werken der neueren Litteratur, eine allgemeine Kenntniß des 
Entwickelungsganges der deutschen Litteratur im Mittelalter, wie in der Neuzeit und 
Bekanntschaft mit den wichtigeren Fragen der Grammatik, Rhetorik und Poetik. 
5. Für die Lehrbefähigung in den oberen Klassen ist überdies nachzuweisen: aus— 
reichende Kenntniß der gothischen, alt- und mittelhochdeutschen Grammatik, um die neu— 
hochdeutsche Laut-, Formen-, Wortbildungs- und Satzlehre verstehen und geschichtlich 
begründen zu können, die Fähigkeit, die Hauptwerke der mittelhochdeutschen Litteratur 
korrekt zu verstehen, eingehendere Bekanntschaft mit dem Entwickelungsgange der ge— 
sammten deutschen Litteratur und mit den Grundbegriffen der Rhetorik, Poetik und 
Metrik. Die Lehrbefähigung für obere Klassen kann nicht ertheilt werden, wenn die in 
deutscher Sprache abgefaßten Arbeiten und die mündliche Prüfung in Philosophie er— 
wiesen haben, daß der Kandidat nicht befähigt ist, allgemeine wissenschaftliche Fragen mit 
eindringendem Verständnisse in klarer Darstellung zu behandeln. 
15. 
3. Lateinische und griechische Sprache. 
1. Zur Befähigung für den lateinischen Unterricht in den unteren Klassen wird 
erfordert: sichere Kenntniß der Elementargrammatik und Uebung in richtiger Anwendung 
derselben bei mündlicher oder schriftlicher Uebertragung leichterer Vorlagen. Leichtere 
prosaische und dichterische Werke, wie die Kommentarien Cäsar's, einige Reden Cicero's 
und Ovid's Metamorphosen, müssen dem Kandidaten durch eigene Lektüre bekannt, und 
er muß im Stande sein, Abschnitte aus denselben, welche nicht besondere Schwierigkeiten
	        
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