Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1899. (65)

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45. Dem Gemeindewaisenrathe können ehrbare Frauen als Waisenpflegerinnen 
in widerruflicher Weise beigegeben werden. Die Annahme erfolgt auf Vorschlag des 
Gemeindewaisenraths durch die in § 43 Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Behörden und 
Beamten. 
Die Waisenpflegerinnen haben den Gemeindewaisenrath in der Ueberwachung der 
Erziehung und körperlichen Pflege von Mündeln unter sechs Jahren sowie von älteren 
weiblichen Mündeln zu unterstützen. 
Ein Anspruch auf Ersatz von Auslagen steht den Waisenpflegerinnen nicht zu. 
& 46. Das Vormundschaftsgericht hat über die Thätigkeit der Gemeindewaisenräthe 
die Aufsicht zu führen. 
Das Vormundschaftsgericht kann die Gemeindewaisenräthe zur Befolgung seiner 
Anordnungen durch Ordnungsstrafen anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag 
von hundert Mark nicht übersteigen. 
Gegen Verfügungen des Vormundschaftsgerichts steht den Gemeindewaisenräthen 
die Beschwerde an das Justiz-Ministerium zu. 
& 47. Dem Justiz-Ministerium bleibt vorbehalten, die über die Einrichtung und die 
Geschäftsführung der Gemeindewaisenräthe weiter erforderlichen Bestimmungen zu treffen. 
& 48. Vor der Entschließung darüber, ob die auf Antrag des Schulvorstandes oder 
der Bezirksschulinspektion angeordnete Zwangserziehung eines Kindes aufzuheben sei, 
hat sich das Vormundschaftsgericht, wenn das Kind noch im schulpflichtigen Alter steht, 
mit dem Schulvorstande beziehentlich der Bezirksschulinspektion ins Vernehmen zu setzen. 
49. Die besondere amtliche Verwahrung der Testamente und der Erbverträge 
findet bei den Amtsgerichten statt. 
Zuständig ist bei Testamenten: 
1. wenn das Testament vor einem Richter errichtet worden ist, das Amtsgericht, dem 
der Richter angehört; 
2. wenn das Testament vor einem Notar errichtet worden ist, das Amtsgericht, in 
dessen Bezirk der Notar seinen Amtessitz hat; 
3. wenn das Testament vor dem Vorsteher einer Gemeinde oder eines Gutsbezirkes 
oder vor einer Ortsgerichtsperson errichtet worden ist, das Amtsgericht des 
Bezirkes; 
4. in den Fällen des § 2231 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jedes Amtsgericht; 
5. in den Fällen des § 2273 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das als Nachlaß- 
gericht zuständige Amtsgericht. 
Der Erblasser kann verlangen, daß das bei einem Amtsgerichte verwahrte Testament 
an ein anderes Amtsgericht zur weiteren Verwahrung abgegeben werde. 
31“ 
Zu § 50 des 
Gesetzes vom 
18. Juni 
1898. 
Zu §§ 2246, 
2248, 2277 
des 
Bürgerlichen 
Gesetzbuchs.
	        
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