Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Dreißigster Jahrgang. 1902. (30)

Erste Periode. 
LBom ersten Austreten der Beutschen in der Eeschichte bis auf Karl den Großen 
oder bis zur Hildung des Reiches im Jahre 800. 
Deutsche Stammeggeschichte. 
A. Urgeschichte. Römer und Germanen. 
1. Abstammung der RBeutschen. 
1. Im fernen Hochasien, der geheimnisvollen Wiege der Mensch- 
heit, it auch der Ursprung unseres, des deutschen Volkes zu suchen. Dort 
wurzelt der große arische oder indogermanische Völkerstamm, an 
dem es einen trotz seines Alters noch immer grünenden und lebenskräftigen 
Zweig bildet. Kein Denkmal, keine Geschichte, ja selbst keine Sage reicht 
in die Ferne jener Urzeit. Nur des Menschen ältestes und heiligstes Eigen- 
tum, die Sprache, vermag auf die ersten geschichtlichen Spuren zu leiten. 
Wie die unverkennbare Verwandtschaft der arischen Sprachen uns die ur- 
sprüngliche Zusammengehörigkeit der Völker dieses großen Stammes erst 
gelehrt, so hat der Umstand, daß sich Wörter finden, die bei geringer laut- 
licher Verschiedenheit doch bis auf den heutigen Tag in allen diesen Sprachen 
dieselben sind, uns noch einen Schritt weiter gebracht. Die Dinge, die sie 
bezeichnen, — so hat man geschlossen — müssen schon unseren gemeinsamen 
Ureltern vor ihrer Zerspaltung in verschiedene Völker bekannt gewesen sein; 
und so erwächst, wenngleich nur in den allgemeinsten Zügen, ein Bild jener 
Alten, ihrer Vorstellungen wie ihrer Beschäftigungen. 
Sie waren ein einfaches, kräftiges Hirtengeschlecht, das sich selbst wahr- 
scheinlich die Arja, d. h. die Hohen, Trefflichen, nannte. Ihr Heimatssitz 
muß unserm Vaterlande nicht unähnlich gewesen sein: kühles Hochland, das 
Wolken und Stürme umrauschten, schattige Wälder, die das Wild belebte, 
sonnige Triften, auf denen die Herden weideten. Die Halmfrucht, Gerste oder 
Spelt, wuchs wild und lud zu den ersten dürftigen Anfängen des Ackerbaues 
ein.“) Einfach wie ihre Lebensart und ihre Sprache waren auch ihre religiösen 
Grundbegriffe. Der helle Himmel, die regenbergenden Wolken, die Blitze, die 
das Gewölk zerreißen, und die Winde, die es, wie Hunde die Herde, tummeln, 
die unheimliche Nacht, die schönen Strahlen der Morgenröte, das königliche 
Sonnenlicht: alle diese Naturerscheinungen galten ihnen als göttliche Mächte. 
— 
  
  
*) Andere glauben, daß schon unsere Urahnen ein seßhaftes, ackerbautreibendes Volk 
gewesen. Arier, d. h. nach ihrer Erklärung Pflüger, Ackerbauer, hießen sie im Gegensatz 
tgegen benachbarte Nomaden.
	        
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