Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

REISE NACH PETERSBURG 559 
warm und eingehend gesprochen habe und annehme, daß Ihnen das bereits 
bekannt ist. In Rom hatten wir die Freude, Donna Laura wiederholt in 
alter Frische und Liebenswürdigkeit zu sehen. Sie hat das Herz meiner Frau 
ganz gewonnen. In alter Freundschaft stets Ihr H. B.“ 
Fast vierzig Jahre nachdem ich den Fürsten Bismarck in Varzin besucht 
hatte, schrieb mir am 10. Juni 1922 Frau von Schmoller, die Witwe des 
bekannten Nationalökonomen, sie sei seit langem befreundet mit einer 
Frau von Zitzewitz, einer geborenen von Puttkamer, deren Eltern Ver- 
wandte und Freunde der Familie Bismarck gewesen seien. Es hieß weiter in 
dem Schreiben: ‚In Varzin, weit zurückliegend in der Zeit, sprach eine 
Kusine der Fürstin Bismarck, eine Frau von Puttkamer-Varzin, mit dem 
Fürsten, der im Moment wenig gut gestimmt war, am liebsten alles hinter 
sich getan hätte, darüber, daß er doch keinen Nachfolger habe, was er auch 
zugab; als sie dann fragte, ob er sich denn für später einmal jemand denken 
könne, verharrte er länger schweigend und meinte dann: ‚Ja, einen wüßte 
ich doch, Bernhard Bülow. Er ist jetzt Legationssekretär. Er würde es 
einmal machen können.‘ Die damals junge Tochter von Frau von Putt- 
kamer, jetzt Frau von Zitzewitz, gedachte bei der Ernennung des Fürsten 
Bülaw des damals auch von ihr gehörten Wortes des Fürsten Bismarck.“ 
Von Varzin begab ich mich über Stolp, Danzig und Königsberg an 
meinen neuen Bestimmungsort. In Königsberg notierte ich möglichst wort- 
getreu meine Varziner Eindrücke. Diese Niederschrift legte ich der vor- 
stehenden Schilderung zugrunde. Dann schrieb ich in derselben Nacht einen 
langen Brief an die Gräfin Marie Dönhoff, in dem ich ihr sagte, wie schmerz- 
lich es mir sei, daß wir nun so weit voneinander entfernt sein würden, 
denn St. Petersburg liege weit von Rom, wo sie bei ihrer Mutter an der 
Piazza Paganica weilte. Aber keine räumliche Entfernung, nicht Raum noch 
Zeit würden mich je von ihr trennen können. Sie antwortete mir, indem sie 
mir die deutsche Übersetzung eines Gedichtes von Leopardi schickte. Das 
Gedicht heißt „Liebe und Tod‘. Es lautet auf deutsch: 
Das Licht erblickten einst zur selben Stunde 
Als Brüder Tod und Liebe. 
So Holdes blüht im irdischen Getriebe 
Nicht mehr, wie diese, noch auf anderen Sternen. 
Denn von der einen stammen die 
Lieblichsten der Freuden, 
Erquickend auf des Lebens Meer die Herzen, 
Der andere tilgt die Schmerzen, 
Die Übel allzusammen. 
Als Kind, von Reiz umstrahlet 
Und anzusehn erfreulich, 
Station in 
Königsberg
	        
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