Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1903. (69)

Bemerkungen. 
Lehrziel. 
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8 23. 1. Neben der Lehraufgabe hat der geschichtliche Unterricht noch den beson- 
deren Zweck zu verfolgen, die Liebe zum Vaterlande zu pflegen und das jugendliche 
Gemüt für die idealen Aufgaben der Menschheit, wie sie uns in den sittlichen Lehren der 
Geschichte entgegentreten, zu erwärmen. Das Hauptgewicht ist demgemäß in allen Klassen 
nicht auf die Vollständigkeit des geschichtlichen Wissens, sondern darauf zu legen, daß das 
Wesentliche im Zusammenhange von Ursache und Wirkung lebendig erfaßt wird und 
einen Eindruck in der Seele der Lernenden zurückläßt. In Berücksichtigung der Eigenart 
des jugendlichen Geistes sind auch auf der obersten Stufe die bedeutenden Persönlich- 
keiten in den Vordergrund zu rücken. Bei der Behandlung von Zuständlichem (Kultur- 
verhältnissen, Verfassungsgeschichtlichem, Volkswirtschaftlichem 2c.) sind übel angebrachte 
Gründlichkeit und Verfrühungen zu vermeiden. Die Erörterung aller Fragen, für welche 
nur der gereifte Mann volles Interesse und Verständnis haben kann, ist fernzuhalten. 
2. Die Gedächtnisarbeit ist auf das Unerläßliche zu beschränken, dieses Wenige aber 
durch häufige Wiederholungen so fest einzuprägen, daß es ein dauernder Besitz bleibt. 
Geboten ist, daß die Geschichtslehrer jeder Schule im Einvernehmen mit dem Rektor 
bezüglich dieses Punktes bindende Vereinbarungen treffen. 
Häufige Wiederholungen des Durchgenommenen sind für alle Klassen geboten; 
wünschenswert ist, daß diese sich von Zeit zu Zeit auch auf die Lehrpensa der voran- 
gegangenen Klassen erstrecken. 
3. Beim Geschichtsvortrage ist die Erwähnung unnötiger Namen und Jahreszahlen 
zu vermeiden, da hierdurch das sichere Erfassen des Wesentlichen beeinträchtigt wird. 
Soweit gute Anschauungsmittel vorhanden sind, sind sie zur Belebung des Vortrags zu 
benutzen; nur ist zu verhüten, daß die Aufmerksamkeit der Schüler dabei auf Neben- 
sächliches abgelenkt wird. 
4. In allen Klassen sind die Schüler im zusammenhängenden Nacherzählen des 
Vorgetragenen zu üben. 
5. Die Reifeprüfung in Geschichte ist überwiegend als Klassenprüfung der Ober- 
prima aufzufassen; sie hat sich daher im Wesentlichen auf das in den Primen Behandelte 
zu beschränken. Insoweit auf Früheres zurückgegriffen wird, kann den Prüflingen nur 
die sichere Bekanntschaft mit den Hauptbegebenheiten zugemutet werden. Es ist unstatt- 
haft, daß dieses Fach in den letzten Monaten vor der Reifeprüfung die häusliche Arbeit 
der Schüler in größerem Umfange für sich in Anspruch nimmt. 
Grographie. 
#24. Bekanntschaft mit den Grundlehren der mathematischen und physischen Erd- 
kunde; Verständnis für den Zusammenhang der menschlichen Kulturverhältnisse mit der
	        
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