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Nr. 9. Verordnung,
öffentliche Geldsammlungen betreffend;
vom 15. Februar 1910.
Das Ministerium des Innern hat beschlossen, die Befugnis der Polizeibehörden
zur Genehmigung öffentlicher Sammlungen von Beiträgen an Geld oder Geldes-
wert anderweit zu regeln und verordnet hierzu folgendes:
Die Genehmigung erteilen
1. wenn die Sammlung nicht über einen einzelnen oder einzelne benachbarte
amtshauptmannschaftliche oder städtische Bezirke hinaus ausgedehnt werden soll,
die Amtshauptmannschaften oder die Delegation Sayda, in Städten mit Revi-
dierter Städteordnung die Stadträte oder die hierfür bestehenden besonderen
Polizeibehörden und zwar jede für ihren Bezirk. Soll die Sammlung jedoch
durch Aufruf in öffentlichen Blättern erfolgen, so wird sie lediglich von derjenigen
Behörde genehmigt, in deren Bezirk die zu unterstützende Person wohnt oder
der Ertrag der Sammlung sonst Verwendung findet oder, wenn es an einer
hiernach zuständigen Behörde fehlt, der Veranstalter der Sammlung seinen Wohn-
ort oder Sitz hat.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob der zu Unterstützende ein Inländer
oder Ausländer ist und ob die Sammlung an einem, mehreren oder sämtlichen
Orten einer Amtshauptmannschaft stattfinden soll.
Im übrigen sind zuständig
2. die Kreishauptmannschaften, wenn der Sammelbezirk nicht über den Be-
zirk einer Kreishauptmannschaft hinausgeht, sonst
3. das Ministerium des Innern.
Ausgenommen von dieser Regelung werden Sammlungen, deren Ertrag ganz
oder zum Teil außerhalb des Deutschen Reichs verwendet werden soll. Sie
bleiben grundsätzlich ministerieller Genehmigung vorbehalten. Es werden aber die
unter 1 und 2 genannten Behörden bis auf weiteres hiermit ermächtigt, auch
solche Sammlungen zu genehmigen, wenn sie ausschließlich zu Zwecken der Mission
unter Heiden und Juden oder zur Unterstützung von Glaubensgenossen in der
Zerstreuung veranstaltet werden. Weitere Ermächtigungen bleiben vorbehalten.