Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1910. (76)

Benterkungen. 
In der gymnasialen Abteilung: Annalen des Tacitus. Dialogus. Aus der Chresto- 
mathie der silbernen Latinität. Oden, Satiren und Episteln des Horaz. 
Grammatik und Stilistik, Haus= und Klassenarbeiten wie in Unterprima. 
§ 15. 1. Der lateinische Unterricht ist im engsten Anschluß an die grammatische 
Schulung zu erteilen, die die Schülerinnen im deutschen und französischen Sprach- 
unterricht bereits empfangen haben; er ist daher anders zu gestalten als dort, wo das 
Lateinische als erste Fremdsprache um drei Jahre jüngeren Schülern gelehrt wird, 
und bleibt auf allen Stufen in Fühlung mit dem Unterricht in der Muttersprache 
und den übrigen Fremdsprachen, die in der Schule gelehrt werden. 
2. Der Unterricht geht vom lateinischen Satze aus; sind die Formen aus einem 
Ubungsstücke gewonnen worden, geht man zur UÜbung des Paradigmas über. Doch 
ist es nicht notwendig, alle Formen des Paradigmas aus den Sätzen zu entwickeln. 
Wenn die Grundlage dazu nach Stamm, Stammvokal, Endung gegeben ist, werden 
die Schülerinnen unter Anleitung des Lehrers die übrigen Formen selbst erschließen 
können. 
3. Mit den Formen sind auch die in den Ubungssätzen vorkommenden syntaktischen 
Erscheinungen zu erklären und zu üben. Die Schülerin der Tertia weiß z. B., was eim 
Konjunktiv ist; wird sie nun darauf hingewiesen, daß, wie im Französischen, so auch im 
Lateinischen die Begehrungssätze in diesem Modus stehen, wird es ihr keine Schwierig- 
keit machen, nach dieser Regel zu verfahren. So soll die syntaktische Propädeutik schon 
im ersten Jahre des Unterrichts gepflegt werden. 
4. Nicht geringere Mühe und Sorgfalt ist auf die Wortkunde zu verwenden. 
Wortkenntnis nur aus der Lektüre erwerben zu lassen, ist eine verkehrte Forderung; 
es muß gewissenhaft gelernt werden, wie in der Grammatik, aber nicht ohne Benutzung 
der vielen Hilfsmittel, die das Gedächtnis einer dreizehn= bis vierzehnjährigen Schülerin 
unterstützen können. Die Wörter sind vor der Aufgabe vom Lehrer zu besprechen, 
Verwandtes ist aus dem Französischen und aus dem Fremd= und Lehnwörtergut 
der deutschen Sprache heranzuziehen, und die schwierigeren Wörter müssen sofort in 
Ubungssätzen verwendet und eingeprägt werden. 
In der Wortkunde wie in der Formen= und Satzlehre ist die Einprägung auf das 
Wichtigste d. h. auf das häufig Vorkommende und Charakteristische zu beschränken. 
Es ist daher eine sorgfältige Scheidung notwendig zwischen dem, was die Schülerinnen 
sich zu dauerndem Besitz aneignen sollen, und dem, was nur gelegentlich besprochen 
wird. 
5. Zur Sicherung des grammatischen Stoffes und des Wortschatzes ist das Uber- 
setzen aus dem Deutschen unentbehrlich, auch das mündliche Ubersetzen bis zur
	        
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