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sowie ob sie früher als 72 Stunden nach eingetretenem Tode bestattet werden soll
und ob die Bestattung in der Stille stattzufinden hat.
Wenn der Verstorbene bei der Krankheit, welche den Tod veranlaßt hat, nicht
von einem Arzte behandelt worden ist, so hat die Leichenfrau einen Arzt herbei—
zurufen, um von diesem die erforderlichen Anordnungen zu erhalten.
Alle von dem Arzt erteilten Anordnungen sind pünktlich und genau zu befolgen.
Ist ein Arzt nicht zu erlangen oder wird die Zuziehung eines solchen von den
Angehörigen des Verstorbenen verweigert, so muß, wenn im Sterbehause ein zur
Unterbringung der Leiche geeigneter Raum nicht vorhanden ist, die Leichenfrau darauf
dringen und nötigenfalls die Anordnung der Ortsbehörde herbeiführen, daß die Leiche
in die Leichenhalle verbracht wird.
§ 21. Bestehen in einem Orte Vorschriften über das Verbringen an ansteckender
Krankheit Verstorbener in die Leichenhalle oder werden solche Vorschriften während
des Herrschens einer Krankheit erlassen, so hat die Leichenfrau für strenge Befolgung
dieser Vorschriften Sorge zu tragen.
§ 22. Die Leichen der an Pest, Cholera, Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber,
Pocken (Blattern) und Aussatz (Lepra) Gestorbenen sind ohne vorheriges Waschen und
Umkleiden in Tücher einzuhüllen, welche — wie in § 18 Absatz 3 angegeben —
mit einer desinfizierenden Flüssigkeit getränkt sind. Sie sind alsdann in dichte Särge
zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder
anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. Der Sarg ist alsbald zu schließen.
Soll mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften das Waschen der Leiche ausnahms-
weise stattfinden, so darf es nur unter den vom Bezirksarzt angeordneten Vorsichts-
maßregeln und nur mit desinfizierenden Flüssigkeiten ausgeführt werden (Gesetz vom
30. Juni 1900 und Ausführungsbestimmungen hierzu — G.= u. V.-Bl. S. 967 flg. —).
Auch beim Tode infolge einer anderen ansteckenden Krankheit sollen die Leichen,
wenn irgend tunlich, in mit verdünntem Kresolwasser oder mit Karbolsäurelösung
getränkte Tücher eingehüllt werden (§ 18 Absatz 3).
Ausstellung der Leichen.
§ 23. Keine Leiche darf außerhalb des Sterbehauses in geöffnetem Sarge zur
Schau ausgestellt werden. Ebenso ist es verboten, die Särge an den Gräbern, oder
in den Kirchen, oder in den Parentationshallen, oder vor oder in den Räumen der
Leichenverbrennungsanlagen zu öffnen (Verordnung vom 22. Mai 1882 — G.= u.
V.-Bl. S. 106 flg. — und Verordnung vom 29. Mai 1906 — G.= u. V.-Bl. S. 192 —).
Wird eine Leiche mittels Leichenpasses zugeführt, so ist dieselbe, falls sie nicht
nach der Ankunft sofort bestattet wird, in die Leichenhalle zu verbringen. Auch darf