Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1911. (77)

— 114 — 
sowie ob sie früher als 72 Stunden nach eingetretenem Tode bestattet werden soll 
und ob die Bestattung in der Stille stattzufinden hat. 
Wenn der Verstorbene bei der Krankheit, welche den Tod veranlaßt hat, nicht 
von einem Arzte behandelt worden ist, so hat die Leichenfrau einen Arzt herbei— 
zurufen, um von diesem die erforderlichen Anordnungen zu erhalten. 
Alle von dem Arzt erteilten Anordnungen sind pünktlich und genau zu befolgen. 
Ist ein Arzt nicht zu erlangen oder wird die Zuziehung eines solchen von den 
Angehörigen des Verstorbenen verweigert, so muß, wenn im Sterbehause ein zur 
Unterbringung der Leiche geeigneter Raum nicht vorhanden ist, die Leichenfrau darauf 
dringen und nötigenfalls die Anordnung der Ortsbehörde herbeiführen, daß die Leiche 
in die Leichenhalle verbracht wird. 
§ 21. Bestehen in einem Orte Vorschriften über das Verbringen an ansteckender 
Krankheit Verstorbener in die Leichenhalle oder werden solche Vorschriften während 
des Herrschens einer Krankheit erlassen, so hat die Leichenfrau für strenge Befolgung 
dieser Vorschriften Sorge zu tragen. 
§ 22. Die Leichen der an Pest, Cholera, Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber, 
Pocken (Blattern) und Aussatz (Lepra) Gestorbenen sind ohne vorheriges Waschen und 
Umkleiden in Tücher einzuhüllen, welche — wie in § 18 Absatz 3 angegeben — 
mit einer desinfizierenden Flüssigkeit getränkt sind. Sie sind alsdann in dichte Särge 
zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder 
anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. Der Sarg ist alsbald zu schließen. 
Soll mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften das Waschen der Leiche ausnahms- 
weise stattfinden, so darf es nur unter den vom Bezirksarzt angeordneten Vorsichts- 
maßregeln und nur mit desinfizierenden Flüssigkeiten ausgeführt werden (Gesetz vom 
30. Juni 1900 und Ausführungsbestimmungen hierzu — G.= u. V.-Bl. S. 967 flg. —). 
Auch beim Tode infolge einer anderen ansteckenden Krankheit sollen die Leichen, 
wenn irgend tunlich, in mit verdünntem Kresolwasser oder mit Karbolsäurelösung 
getränkte Tücher eingehüllt werden (§ 18 Absatz 3). 
Ausstellung der Leichen. 
§ 23. Keine Leiche darf außerhalb des Sterbehauses in geöffnetem Sarge zur 
Schau ausgestellt werden. Ebenso ist es verboten, die Särge an den Gräbern, oder 
in den Kirchen, oder in den Parentationshallen, oder vor oder in den Räumen der 
Leichenverbrennungsanlagen zu öffnen (Verordnung vom 22. Mai 1882 — G.= u. 
V.-Bl. S. 106 flg. — und Verordnung vom 29. Mai 1906 — G.= u. V.-Bl. S. 192 —). 
Wird eine Leiche mittels Leichenpasses zugeführt, so ist dieselbe, falls sie nicht 
nach der Ankunft sofort bestattet wird, in die Leichenhalle zu verbringen. Auch darf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.