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Die veränderten Vorschriften treten mit dem Beginne des Schuljahres 1913/14
in Kraft.
Dresden, den 12. November 1912.
Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts.
Dr. Beck.
Graf.
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Nr. 97. Gesetz
vom 12. November 1912.
Wan, Friedrich August, von GOTTES Gnaden König
von Sachsen usw. usw. usw.
verordnen mit Zustimmung Unserer getreuen Stände, was folgt:
§ 1. Die Landesanstalten haben alle erwachsenen Geisteskranken, die der Be—
handlung und Pflege in einer Irrenanstalt bedürfen und deren Unterbringung ein
sächsischer Ortsarmenverband in Erfüllung seiner armenrechtlichen Verpflichtung oder
eine sächsische Gemeinde aus besonderen sachlichen Gründen beantragt, aufzunehmen
und so lange zu verpflegen, als die eben angegebenen Voraussetzungen dauern.
Geisteskrank im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Epileptischen, soweit sie zu
den gewalttätigen epileptisch Irren zu zählen sind.
§ 2. Die Ortsarmenverbände und Gemeinden haben, bevor sie den Antrag
auf Unterbringung stellen, ein ärztliches Gutachten einzuholen, in zweifelhaften
Fällen das Gutachten des Bezirksarztes.
Über die Aufnahme entscheidet die Anstaltsdirektion. Eine Ablehnung hat sie
zu begründen. Uber die Beschwerde hiergegen befindet die für den Ortsarmen-
verband oder die Gemeinde zuständige Kreishauptmannschaft. Die Beschwerde ist
auch zulässig, wenn die Anstaltsdirektion beschlossen hat, den Kranken zu entlassen.
Eine solche Entlassung ist ebenfalls zu begründen.
Die Beschwerde ist binnen einer Woche nach der Bescheidung des Ortsarmen-
verbandes oder der Gemeinde zu erheben und hat aufschiebende Wirkung, wenn sie
sich gegen eine Entlassung richtet.
Die Entscheidung der Kreishauptmannschaft ist endgültig.