* 18 Rechtliche Stellung der Bürgerschaftsmitglieder. 55
3. Die Mitglieder der Bürgerschaft nehmen ihre Obliegenheiten unent-
Leltlich wahrs; sie erhalten keine Diäten 7.
4. Gleich den Abgeordneten anderer Parlamente genießen die Bürgerschafts-
mitglieder einen besonderen Schutz, der die ungestörte Ausübung ihrer
Pflichten gewährleisten soll:
a) Nach dem Reichsstrafgesetzbuch (§ 11) dürfen sie außerhalb der Bürgerschaft
nicht wegen ihrer Abstimmung oder wegen der in Ausübung ihres Berufes getanen
Aeußerungen zur Verantwortung gezogen werden 2). Diese sogenannte Immu-
nität der Abgeordneten ist in Bremen landesgesetzlich dahin ergänzt,
daß auch eine disziplinarische Verfolgung deswegen nicht erfolgen darf 2). Nach
StrGB. F 12 sind ferner wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen der
Bürgerschaft von jeder Verfolgung frei.
b) Eine Verhaftung in Zivilsachen ist nur zulässig, sofern sie von der Bürgerschaft
genehmigt ist; auf ihr Verlangen ist eine begonnene Haft „während der Dauer der
Sitzungsperiode“ zu unterbrechen .
IO) Die Mitglieder der Bürgerschaft können die Berufung zum Amte eines Schöffen,
Geschworenen oder Beisitzers des Seeamtes ablehnen (GVG. s 35, 85; R.
v. 27. Juli 1877 F 10).
d) Sie sind als Zeugen und Sachverständige „während der Sitzungsperiode“
und ihres Aufenthaltes in Bremen — Lübeck — hier zu vernehmen; zu einer Ab-
weichung ist die Genehmigung der Bürgerschaft erforderlich (Str PO. § 49, 72;
3PO. 8 382, 402).
5. Die Mitgliedschaft der Bürgerschaft erlischt außer durch den
Tod eines Mitgliedes durch Ablauf der Mandatsdauer — regelmäßig also nach 6 Jah-
ren — sowie durch freiwilligen Austritt, der jederzeit zulässig ist und durch schriftliche
Erklärung — in Bremen an das Bürgeramt, in Lübeck an den Wortführer der Bürger-
schaft — erfolgt (Brem. Verf. § 41; G. die Bürg. betr. § 73; Lüb. Verf. Art. 26
Abs. 2). « «
- I)FürBremen:Verf.§43;dieauswärtswohnendenMitgliedererhaltenjedochdieFahrt
II. Klasse ersetzt, und zwar auch zur Teilnahme an den sog. Vertreterversammlungen (Verh. 1891,
S. 308, 500; 1910, S. 223). — In Lübeck erhalten die ländlichen Vertreter, d. h. die außerhalb
des Stadtgebietes (vor der Eingemeindung v. 1913) Wohnenden, wenn sie nach den Abendsitzungen
der Bürg. oder des Bürg.-Ausschusses in Lübeck übernachten, 8 Mk. und, wenn sie noch am Abend
zurückreisen, ihre Auslagen bis zum Betrage von 8 Mk. erstattet (B. der Bürg. v. 16. Sept. 1907).
Auch in Hamburg erhalten die M. der Bürg. keine Diäten.
2) Es ist freilich streitig, ob diese Bestimmung auf die Mitglieder der Bürgerschaften Anwen-
dung findet; doch ist dies zu bejahen, da auch die letzteren „Kammern eines zum Deutschen Reiche
gehörigen Staates“ sind: So auch Olshausen, Kommentar zu StrG. 511, Z. 2; v. Melle,
Hamb. Staatsrecht, S. 132. In Bremen erstreckt sich die Immunität auf die Tätigkeit der Bürger-
schaftsmitglieder in den Deputationen (unten §5 27 III), in Lübeck auf die im Bürgerausschuß.
Leber Immunität der Brem. M. der Bürg. vgl. auch Bericht der K. der Bürg. in Verh. 1909,
.222f.
3) Brem. Ges. v. 21. Jan. 1911 (S. 33); nach der herrschenden Ansicht schließt auch der § 11
des StrG. schon eine disziplinarische Bestrafung aus. «
4)ZPO.§§904,905.DadieBütgerschaften,,Sitzungsperioden«nichtkennen,istdieAnwend-
barkeit auf sie freilich zweifelhaft. Für Bremen ist die Bestimmung gegenstandslos, da schon die
Auferlegung des Offenbarungseides den Verlust der Mitgliedschaft nach sich zieht. Privilegien im
Strafverfahren hinsichtlich der Untersuchungshaft und der Einleitung des Verfahrens stehen den
Minguhern der Bürg. nicht zu; von der Ermächtigung des § 6 EG. zur Str PO. ist kein Gebrauch
gemacht. Z