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oder Versuche von Beamten, die Ergebnisse der Revolution gewaltsam zu beseitigen,
unnachsichtlich von Amts wegen eingeschritten.
Dresden, am 16. November 1918.
Gesamtministerium.
Lipinski. Geyer. Dr. Gradnauer. Schwarz. Buck. Fleißner.
Nr. 90. Aufruf der neuen Regierung;
vom 18. November 1918.
An das sächsische Volk!
Das imperialistisch -militaristische System ist unter den Wirkungen des völker-
mordenden und kulturvernichtenden Weltkrieges zusammengebrochen. Ein neues
Zeitalter ist im Werden, in dem sich der Ubergang von der kapitalistischen in die
sozialistische Gesellschaftsordnung vollzieht.
Die Monarchie ist beseitigt. Die öffentliche Gewalt ist in die Hände der
Arbeiterklasse übergegangen. Die Aufgabe der neuen Regierung geht dahin, das
Land über die großen Schwierigkeiten der gegenwärtigen Lage hinauszuführen, die
demokratischen Errungenschaften sicherzustellen und wirtschaftliche Umgestaltungen
nach sozialistischen Grundsätzen zu verwirklichen. Die Arbeiterklasse braucht nicht
nur politische Rechte, sondern ebenso die Befreiung aus ökonomischer Bedrückung,
die in vollem Umfange nur der Sozialismus bringen kann.
Die neue sächsische Regierung erstrebt die Beseitigung der veralteten bundes-
staatlichen Verfassung und die Einordnung Sachsens in die einheitliche großdeutsche
Volksrepublik, an die auch Deutsch-Osterreich seinen Anschluß vollziehen möge.
Den einzelnen Teilgebieten des neuen Groß-Deutschland soll weitgehende Selbst-
verwaltung und Schutz der Kulturinteressen gesichert werden.
Die Regierung will in Ubereinstimmung mit der neuen Reichsleitung wirken.
Sofern Anordnungen der Reichsleitung unseren Beifall nicht finden, werden wir
unsere Auffassung dagegen geltend machen. Die von der Reichsleitung mit Gesetzes-
kraft erlassenen Verfügungen werden wir für Sachsen durch Vorschriften ergänzen,
denen gleichfalls Gesetzeskraft zukommt.
Die Arbeiter= und Soldatenräte, die Träger der revolutionären Be-
wegung, haben die Aufgabe, die sozialistische Volksregierung zu stützen und zu