Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 14. Die juristische Persönlichkeit des korporativen Verbandes. 108 
Endlich kann aber auch der korporative Verband in besondere, 
durch seine Verfassung nicht geregelte Beziehungen zu denjenigen 
Individuen treten, die zugleich seine Mitglieder sind, überall da näm- 
lich, wo die Kompetenz der Organe und damit das Verhältnis der 
Über- und Unterordnung ausgeschlossen ist. 
Mit diesen beiden letzten Reihen seiner Beziehungen ist die 
Privatstellung des korporativen Verbandes bezeichnet. 
Wenn diese dreifache Wirksamkeit nach aulsen thatsächlich 
abhängig ist von der inneren, verfassungsmälsigen Stellung der Organe, 
so ist auch die rechtliche Gestaltung derselben notwendig dadurch 
bedinet, dafs der inneren Rechtsordnung des korporativen Verbandes 
auch den Dritten gegenüber diejenige rechtliche Wirksamkeit beigelegt 
wird, ohne welche derselbe als Einheit, als Ganzes in seinen recht- 
lichen Beziehungen nach aulsen nicht erscheinen kann. 
Hierüber — darüber, ob die rechtlichen Folgen, die sich aus 
der inneren Gestaltung des korporativen Verbandes naturgemäls und 
folgerichtig für seine Wirksamkeit nach aufsen ergeben, Anerkennung 
finden oder nicht, entscheidet das positive Recht, je nachdem es 
demselben die juristische Persönlichkeit beilegt oder sie ihm 
versagt. 
I. Der korporative Verband — und das ist wiederum ein funda- 
mentaler Unterschied desselben von der Stiftung — kann bestehen 
ohne Zuerkennung der juristischen Persönlichkeit. 
Das ist sogar notwendig dort der Fall, wo das positive Recht auf 
der einen Seite das Recht der freien Vereinigung anerkennt und auf 
der anderen Seite das Recht der juristischen Persönlichkeit, der 
„Korporationsrechte“, von einer besonderen Verleihung oder doch nur 
für einzelne Kategorieen von dem Zutreffen der gesetzlichen Voraus- 
setzungen abhängig macht. 
Hier beschränkt sich in allen den Fällen, in welchen einer kor- 
porativen Bildung die juristische Persönlichkeit aberkannt wird, die 
Rechtsordnung ausschliefslich darauf, diejenigen Rechte und Pflichten, 
welche zwischen den korporativen Organen und den Mitgliedern nach 
Malsgabe des Statutes und der rechtsgültig gefalsten korporativen Be- 
schlüsse begründet sind, anzuerkennen und zu schützen. Dagegen 
bethätigt sich Dritten gegenüber der korporative Verband nirgends 
als verfassungsmälsige Einheit; ihnen gegenüber hat die Beteiligung 
der Organe und Mitglieder an dem Verbande nur die Bedeutung eines 
inneren Motives für ihr Verhalten. Im Verhältnis zu den Dritten sind 
alle Rechte und Pflichten, deren Bestimmung es ist, dem Gemein- 
zweck zu dienen, immer nur Rechte und Pflichten der Einzelnen.
	        
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