106 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
es, was in einseitiger und unvollkommener Weise durch den Satz
ausgedrückt wird: für die Schulden des korporativen Verbandes haftet
nur dessen Vermögen und nicht das Organ persönlich.
Endlich ist es die innere Verfassung des korporativen Ver-
bandes, welche die besondere Successionsordnung erzeugt, wonach beim
Wechsel des Organes dessen Rechte und Pflichten universaliter auf den
berufenen Nachfolger übergehen — und zwar auch hier mit Rechts-
verbindlichkeit für die Dritten.
Allerdings pflegt das positive Recht diese grundsätzlichen und
notwendigen Rechtsfolgen, welche kraft der juristischen Persönlichkeit
die innere Verfassung des korporativen Verbandes auch für die Rechts-
verhältnisse Dritter herbeiführt, nur unter bestimmten Beschränkungen
anzuerkennen. Dasselbe fordert eine bestimmte Publieität der Ver-
fassung, der zur Vertretung berufenen Organe, es schreibt vor, dafs
das Vertretungsrecht der Organe einen bestimmten gesetzlichen Um-
fang haben müsse und zwar dergestalt, dafs hierin für die Rechts-
wirkungen gegen Dritte das statutarische Belieben ausgeschlossen ist.
Aber es sind dies lediglich Vorschriften im Interesse der Durchsichtig-
keit und Sicherheit des Verkehres, die in vollkommen gleicher Weise
auch für die Privatrechtsverhältnisse zwischen Individuen, sowie für
reine Gesellschaftsverhältnisse (Prokura, Handelsregister, gesetzlicher
Umfang der Handelsgesellschaftsbevollmächtigung) Geltung haben können
und darum eine Besonderheit für den korporativen Verband nicht bilden.
2. An zweiter Stelle bedeutet die Zuerkennung der juristischen
Persönlichkeit, dafs, abgesehen von den notwendig durch die innere
Verfassung hervorgerufenen Besonderheiten, die Rechtsverhältnisse,
welche zwischen dem korporativen Verband durch seine Organe und
zwischen Dritten obwalten, den nämlichen Sätzen des objektiven
Rechtes unterliegen, welche Platz greifen, wenn an Stelle des kor-
porativen Verbandes ein Individium das beteiligte Rechtssubjekt ist.
Das gilt bezüglich des Öffentlichen Rechtes — der Bestimmungen
der Gewerbeordnung, der Vorschriften über Besteuerung, über sonstige
Lasten und Beschränkungen, die im öffentlichen Interesse an be-
stimmte Besitzverhältnisse oder Thätigkeiten geknüpft sind.
Es gilt das insbesondere im Gebiete des Privatrechtes für die
gesamte Vermögensgebarung, welche dem korporativen Gemeinzweck
dient.
Diese rechtliche Wirkung der juristischen Persönlichkeit allein
ist es, welche das positive Recht trifft und bestimmt, indem dasselbe
die Fiktion aufstellt, dafs der korporative Verband eine Person,
ein einheitliches Rechtssubjekt schlechthin bilde. Die Fiktion stellt