120 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
Ihre Darstellung betrachtet diese Elemente nicht nur als gesonderte
Erscheinungen, sondern zugleich unter dem Nachweis, wie sie aufein-
ander angelegt und miteinander in einen bestimmten Zusammenhang
gebracht sind, und wie sie dadurch befähigt werden, mittels ihrer Funk-
tionen den Staatszweck zu erfüllen. Die hierauf gerichteten recht-
lichen Ordnungen aber bilden das Verfassungsrecht im materi-
ellen Sinne.
1. Die Verfassung bestimmt an erster Stelle die Organe, welche
berufen sind, die Herrschaft des Staates auszuüben. Diese Bestimmung
ersiebt die Organisation der Staatsgewalt.
Die mafsgebende und leitende Bedeutung, welche den Organen
jedes korporativen Verbandes für die Gestaltung der ganzen Erscheinung
und ihres Lebens beiwohnt, bewirkt es, dafs ein feststehender Sprach-
gebrauch als Organisation des Staates nicht blols den Gesamtorganis-
mus, sondern in einem specifischen Sinne den Organismus nur der
Staatsgewalt bezeichnet. Ja ein nicht minder feststehender Sprach-
gebrauch versteht selbst unter dem „Staate“ nicht blols die Gesamt-
erscheinung, sondern wiederum in einem speecifischen Sinne die abstrakte
Zusammenfassung nur der Staatsorgane im Gegensatz und im Ver-
hältnis zu seinen Mitgliedern und Zugehörigen.
Die Suveränetät des Staates bewirkt im Vergleiche mit jedem
anderen Herrschaftsverhältnisse die durchdachteste Planmäßsigkeit, die
durchgreifendste Einheitlichkeit und doch zugleich die überall ver-
breitete Verzweigung des Organismus seiner Gewalt. Und dem
entspricht der Reichtum der rechtlichen Ordnungen, die sich be-
ziehen müssen und beziehen auf die unterschiedene Stellung der
Hauptorgane — mit und über ihnen des suveränen Organs —
einerseits und der Hülfs- und Nebenorgane andererseits, auf die
innere Formation eines jeden in monarchischer, bureaukratischer oder
kollegialischer Gestaltung, auf die Berufungs- oder Besetzungsordnung
für die einzelnen Organe und auf die Successionsordnung beim Wechsel
ihrer Träger, auf die Kompetenz derselben und damit auf ihre hier-
archische Gliederung in Über-, Neben- und Unterordnung. Ja der
Staat kraft seines Verhältnisses zu allen ihm eingeordneten gesell-
schaftlichen Organisationsformen findet sich in der Lage, bei der Durch-
führung seiner Aufgabe nicht allein auf seine eigenen Organe an-
gewiesen zu sein. Er vermag es auch von ihm verschiedene und
selbständige Organisationen planmäfsig in den Dienst seiner Aufgaben
zu stellen. Er setzt dem Systeme seiner Behörden ein System der
Selbstverwaltungskörper zur Seite und gliedert dieselben durch
ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis seinem Organismus ein.
2. Den Organen stehen als sein anderes Element die Mit-