128 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
selben in eminenten Sinne. Nicht die Zwecke, sondern die dem
Staate eisentümliche Organisation, die ihm eigentümlichen Kräfte und
Mittel sind es, die seinen Wirkungskreis von dem „der bürgerlichen
Gesellschaft“ und der Individuen unterscheiden. Erhaltung und
Förderung der menschlichen Persönlichkeit, der gesellschaftlichen, vom
Staate unterschiedenen Organisationsformen, der Volkswirtschaft, der
geistigen Kultur in Wissenschaft, Kunst, Religion, Technik — das
sind die Grundrichtungen, in welchen sich die Thätigkeiten des Staates
auf diesem Gebiete gruppieren.
An dritter Stelle erwächst dem Staate in der Grundbedingung,
in dem notwendigen Mittel aller zweckbewufsten, in der Gesell-
schaft sich vollziehenden menschlichen Thätigkeit, in dem Rechte,
eine besondere, den beiden anderen Zwecken gleichwertige Aufgabe.
Diese drei Kategorieen ergeben unter der herkömmlichen Ver-
wendung des Wortes „Pflege“ als die Aufgaben des Staates:
die Staatspflege,
die Wohlfahrts- oder Kulturpflege,
die Rechtspflege.
Allein bei dieser Scheidung muls ein allgemein verbreitetes Mils-
verständnis von der Schwelle jeder weiteren Betrachtung zurückgewiesen
werden. Die Scheidung zwischen der Rechtspflege auf der einen und
der Staats- und Wohlfahrtspflege auf der anderen Seite ist schlechter-
dings nicht identisch mit der Erzeugung und Handhabung des Rechtes
auf der einen und derjenigen Thätigkeit des Staates auf der anderen
Seite, welche sich innerhalb des Rechtes und abgesehen von ihrer
rechtlichen Qualifikation in den mannigfachsten geistigen ,- wirtschaft-
lichen und technischen Verrichtungen und Veranstaltungen bewest.
Vielmehr wurzelt jene Einteilung in der doppelten
Stellung, welche das Rechtin der Thätigkeit des Staates
einnimmt.
Wenn alles Recht nur eine einseitige Bestimmung der mensch-
lichen Lebensverhältnisse ist, wenn es nur diejenige Gestaltung des
Wollens und Handelns bewirkt, welche notwendig ist, um die mensch-
lichen Lebenszwecke in der Gesellschaft und im Zusammenwirken mit
derselben verwirklichen zu können, so ist das Recht von diesem Ge-.
sichtspunkte aus nichts anderes als ein Mittel für jene Lebenszwecke.
Das eilt für das Individuum, aber auch für den Staat.
Es giebt keine Aufgabe des Staates, heilse sie, wie
sie wolle, für welche nicht das Recht und folgeweise die
Rechtssetzung und die Wahrung des Rechtes notwendiges Mittel
wären. Überall fordern die Aufgaben, die sich der Staat setzt, ein.