Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

8 19. Die Verwaltung oder die materiellen Hoheitsrechte. 129 
Verhalten der Unterthanen, das nach Recht und Pflicht bestimmt 
werden mufs, oder eine eigene Wirksamkeit seiner Organe, die nicht 
minder der rechtlichen Ordnung in Geboten, Verboten, Ermächtigungen 
bedarf. Das gilt ganz selbstverständlich insbesondere auch von den 
Aufgaben, welche auf die Selbsterhaltung des Staates und auf die 
Förderung der Volksinteressen, auf Staats- und Kulturpflege ge- 
richtet sind. 
Dagegen unter einem anderen Gesichtspunkte steht der Staat in 
einem durchaus eigentümlichen Verhältnisse zum Rechte, in welchen 
das Individuum niemals steht. Das Recht gewinnt die Be- 
deutung für den Staat, dafs es nicht mehr Mittel, son‘ 
dern vielmehr, dafs es ihm Zweck schlechthin ist, dalser 
dasRecht um seiner selbst willensetzen und wahren muls. 
In absoluter Weise ist dies der Fall für das Privatrecht. 
Das ist das Wesen und der Begriff des Privatrechtes, dals es den 
Bereich gesellschaftlicher Lebensentfaltung befaflst, in welchem die 
Individuen und die vom Staate verschiedenen „privaten“ Gesellschafts- 
formen auf ihre eigene Verantwortlichkeit, auf ihre selbständigen Zweck- 
setzungen und auf den Selbstbetrieb ihrer Angelegenheiten gestellt 
sind. Soweit dieser Bereich anerkannt ist, soweit soll und soweit kann 
ohne Aufhebung des Begriffes des „Privaten“ der Staat keine andere 
Thätiekeit entfalten, keinen weiteren Zweck haben, als dafs er dıe 
Grundbedingung aller gesellschaftlichen Wirksamkeit: das Recht auch. 
hier gewährt und wahrt. Durch Setzung der objektiven Rechtsordnung, 
soweit nicht anderweitige Rechtserzeugung Platz greift, in der Privat- 
rechtsgesetzgebung, durch Schutz des subjektiven Privatrechtes 
gegen Bestreitung und thatsächliche Verletzung in der Civilgerichts- 
barkeit, durch Sicherung und durch Erleichterung beim Erwerb, 
beim Verkehr und bei der Auseinandersetzung subjektiver Privatrechte 
und Privatpflichten in der „freiwilligen Gerichtsbarkeit“ ent- 
faltet der Staat eine mannigfache und reiche Thätigkeit. Seine „Ver- 
waltung des Privatrechtes“ ! greift hier Platz. Allein in dem allen ist 
und bleibt das Privatrecht Mittel nur für die Privaten, für den Staat, 
für die Privatrechtspflege ist und bleibt es Endzweck schlechthin. 
Nur relativ wird das Recht für den Staat Endzweck im Gebiete 
der öffentlichen Rechtspflege. 
Dieselbe begreift die organische Rechtspflege (Verfassungs- 
streitigkeiten, Ministeranklage, Kompetenzkonflikte, Beamtendisciplin), 
die Strafrechtspflege und die Verwaltungsrechtspflege. 
18.88 26. 27. 28. 29. 
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. I. 9
	        
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